Ainay le Château (16. August)
Hallo ihr Lieben,
Heute sind wir wieder um die 20km gelaufen. Aber erst am Morgen waren wir sicher, dass wir hier eine Unterkunft finden würden. Corinne hatte nämlich gestern schon bei der im Führer angegebenen Herberge hier in diesem Ort angerufen, und erfahren, dass wegen eines Todesfalles in der Familie niemand aufgenommen werden könne.
Dazu muß ich sagen, dass eine Art der Herbergen privat ist, von Idealisten, die für wenig Geld den Jakobspilgern einfache Unterkünfte bereit stellen. Dazu braucht man dann den Pilgerpass, damit auch sicher gestellt ist, dass nicht andere Personen diese Angebote mißbrauchen.
Vorgestern waren wir ja auch in so einer privaten Herberge und jeder hatte für die Übernachtung, Abendessen und Frühstück nur 20€ bezahlen müssen. Man kann natürlich auch mehr geben. Der Betrag wird in eine Schale gelegt, also nicht kassiert. Insofern könnte natürlich jemand auch weniger geben, aber ich glaube kaum, dass das einmal vorkommt.
Dann hatte Corinne aber die Auskunft bekommen, dass hier Deutsche seien, die Zimmer vermieteten. Heute früh erreichte sie die Leute und gab mir das Telefon, damit ich verhandle. Zunächst sagte der Mann, es sei alles belegt, als ich sagte, wir seien Pilger. Ich glaube manche Leute schreckt das eben ab, weil sie meinen, man wolle etwas umsonst – eigentlich wollten wir das schon, aber dieser Zahn ist uns schon lange gerissen worden – und ich sagte ihm, dass wir bezahlen würden und auch mit dem Boden zufrieden wären.
Und so bekamenwir die Unterkunft und schlafen im Obergeschoß eines malerischen Turmes eines alten Anwesens. Diese Deutschen, kennengelernt habe ich bis jetzt nur den schwer gehbehinderten Sohn und seine Mutter, haben dieses Anwesen auch als Austrag erworben, wie wir unser Wiederau.
Hoch geht es über eine enge gewendelte Steintreppe, was für einen Wanderer, der gerade 20km gelaufen ist, mit dem Rucksack nochmals eine echte Herausforderung ist, aber nach dem Duschen sind dann selbst nochmal um die 2km bis zur einzigen Essgelegenheit weit und breit, einer Pizzeria, wieder erträglich.
Und so grüßt Euch jetzt
Euer Siegfried
– wohlgesättigt, aber dennoch einem Dessert – heiße Vanillesauce (creme anglaise), darin ein Stück Schokoladenkuchen, gekrönt von einer Vanilleeiskugel – nicht widerstehen könnend, mit frohem Pilgergruß!
PS: Beim Weggehen wog ich 72kg, heute 67kg! Da darf ich doch unbeschwert genießen, oder?