Rabanal del Camino (12. Oktober)
Wenn man von Astorga nach Westen geht, kommt man an einer kleinen Einsiedelei "Ecce Homo" vorbei, da ist auch zugleich der erste Rastplatz, man kann Wasser auffüllen und in der kleinen Kapelle ein bißchen über den Tag und das Leben nachdenken. Es ist heute ja Sonntag, aber eine Gelegenheit einen Gottesdienst zu besuchen, gab es in Astorga nicht.
Weiter geht's nach Westen, Berge tauchen im Morgengrauen auf und bald steigen wir einen Pfad empor. Eine richtige Erholung nach dem tagelangen Laufen auf dem Weg neben der Straße. Der Nebel löst sich langsam auf, es wird wieder ein sehr schönerTag.
Rabanal, das ich gegen vier Uhr erreiche, ist ein kleiner Gebirgsort. Die Albergue liegt gleich hinter der Kirche und gehört zum kleinen Benidiktinerkloster, das auch mit dem Kloster von Ottobeuren in Verbindung steht, wie ich lese. Das erste Mal auf dem Camino lieg ich in einem Klostergarten in der Sonne und eine Katze gesellt sich zu mir!
Abends um 7h ist in der kleinen ruinösen Kirche Vesper. Die drei Patres des Klosters singen im Wechsel Psalmen auf gregorianische Art. Anschließend gibt's den Pilgersegen, diesmal auf Lateinisch. Es sind viele Pilger da, die kleine Kirche ist voll!
Siegfried
Jetzt lieg ich schon wieder im Bett und zwar in Rabanal del Camino. Und dabei hab ich Euch von der schönen Stadt Astorga noch gar nichts erzählt.
Wenn man nach Astorga kommt, sieht man schon von weitem die beiden spitzen Türme der Kathedrale. Wenn man näher kommt, merkt man, dass die Stadt auf einer Anhöhe steht und auf der Seite, aus der wir kommen, über hohen, langgestreckten Mauern – Stützmauern – hervorragt. Ich muß also erst mal hoch steigen, bin aber dann gleich in einer malerischen, aber doch auch modernen und ein wenig mondänen Altstadt. Ich gehe entsprechend langsam, staune, genieße und fotografiere.
Das Rathaus ist ein imposantes Gebäude mit barocker Fassade und weil's gleich vier ist, warte ich bis die Stunde schlägt. Ich habe nämlich ganz oben zwei überlebensgroße Figuren entdeckt, eine Frau und einen Mann in Tracht, mit je einem großen Hammer, vor einer Glocke. Und tatsächlich, sie schlagen abwechselnd die Stunde.
Über wertvollen geschliffenen Marmorboden, ja, das ist der Straßenbelag in der Fußgängerzone von Astorga, geht's weiter Richtung Kathedrale. Eine ganze Gruppe von kleinen Kirchen gruppiert sich um sie, so scheint mir. Das Bauwerk hat einen warmen Rotton und ist nicht so reich gegliedert wie die gotischen Kirchen, die ich gesehen habe, zuletzt in Leon. Ich hatte vermutet, es wäre ein Ziegelbau, aber roter Sandstein ist es.
Gleich neben der Kathedrale steht der berühmte Bischofspalast, den Antonio Gaudi Ende des 19. Jahrhunderts geplant hat. Er ist aus grauem Stein und in der Gaudi-typischen Art sehr romantisch. Er passt zu den Gebäuden um die Kirche als wäre er mit diesen geplant.
Die Kathedrale kann nur zusammen mit dem Museum besucht werden. Sie ist sehr hoch, und was als erstes auffällt, sind die Pfeiler, deren Basen bis auf ca. drei Meter Höhe reich gegliedert sind, was ich hier das erste Mal sehe, dafür haben sie keine Kapitelle, wodurch sie noch höher wirken.
Die Kathedrale ist auch wieder durch den Chor für das Domkapitel in zwei große Teile, den für die Geistlichkeit und den für das Volk, untergliedert.
Unsere Herberge ist in einem romantischen uralten Haus untergebracht. Der Schlafsaal liegt unter dem Dach und der Platz zwischen den Betten ist eng. Aber meine Schutzengelschar, bestehend aus Franzosen, Kanadiern und Asiern hat für mich, der ich ja immer viel später daher komme, ein besonders schönes Bett unterm Fenster und ohne Oberbett dadurch reserviert, dass sie einen Schlafsack drauf legten. Langsam kapiere ich das System auch. Eine offizielle Reservation ist nämlich nicht möglich.
Schon auf dem Weg zur Herberge erhielt ich die entsprechenden Informationen. Und so schlief ich inmitten meiner Freunde.
Kurz nachdem das Licht ausgemacht worden war, begann ein Solist so herzzerreißend zu schnarchen, dass meine Nachbarinnen in ein lautes Gelächter ausbrachen und ich und andere konnten uns nicht zurückhalten mit zu lachen, so schliefen wir lachend ein. Der Schnarcher hat davon nichts mitbekommen, er hat durchgehalten.
Ja, im Restaurant, das muß ich noch sagen, habe ich diesmal mit einem französischen Paar kein Pilgermenü gegessen, sondern "Cocido", eine Art Schlachtschüssel aus 7 verschiedenen Fleischsorten, darunter auch Schweineohren. Als erstes bekommt man das Feisch zu essen, dann Gemüse und dann die Suppe, die aus dem allen gekocht worden ist. Es war viel, gut und nahrhaft.
Siegfried
PS: Vermute, dass ich das erste Mal in meinem Leben mit Wanzen Bekanntschaft machte, irgendwo die vergangenen Tage. Bin am ganzen, ganzen! Körper verstochen.
PPS: Heute hab ich grad ein Storchennest in Fuente Nuevas fotografiert, als ein Auto neben mir hielt. Der Mann wollte Bilder von mir machen während ich fotografiere, und er hat eine ganze Serie mit seiner großen Kamera aufgenommen.
Soweit zu meinem Aussehen!