16
Juli
2008

Eff-Hellendorf (15. Juli)

Hallo Ihr Zwei,

Gester war der Abend nach dem Heimgehen natürlich noch nicht zu Ende. Meine Hauswirtin bot mir noch einen Vietz an und dazu konnte ich doch nicht nein sagen. Und so saßen wir noch bis zwölf ratschend beisammen.

Wisst Ihr überhaupt was "Vietz" ist? Das ist das was wir Apfelmost und die Frankfurter Äplwoi nennen. Hier machen sie ein Theater daraus, sagen die Römer hätten aus den kleinen Äpfeln, die sie hier vorfanden, diesen Wein gemacht und getrunken, vor lauter Kummer, dass es hier keine Weintrauben gab.

Und jetzt gibt es hier sogar eine "Vietz-Straße / Route de Cidre", wie anderswo z.B. in Bayern die "Romantische Strasse". Ihr seht und erfahrt mit Erstaunen, der Siegfried lernt sogar noch um 12 Uhr nachts, wenn er das richtige zu trinken bekommt.

Übrigens, ihr werdet es allerdings noch nicht bemerkt haben, mein Bett steht in der Graf-Siegfried-Straße! Habe von diesem Siegfried bis jetzt noch nichts gewußt, aber der hat Luxemburg gegründet und eben auch Saarburg. Und er – oder einer seiner Nachfahren – hat auch das Wasser des Lenkbaches so umleiten lassen, dass es jetzt durch Saarburg fließt und so Saarburgs Innenstadt zu einer Besoderheit macht.

Der heutige Tag fing heute schon gut an.

Nach einer relativ kurzen Nacht gab es nur ein relativ spartanisches Frühstück unter Zeitduck. Aber da sich weder Künstlerin "Cordula" noch ich mich besoders vom Zeitdruck unter Druck setzen ließen, wir unterhielten uns nochmals prächtig, sie malte einen "Stempel" in meinen Pilgerpass, der dadurch an Attraktivität gewonnen hat, ich schrieb was ins Gästebuch. Da schlug es Acht.

Panikartig brach Cordula auf, ich hinterher. Dabei vergass ich, Wasser in meine Flasche zu füllen und zum Zähneputzen reichte natürlich die Zeit auch nicht mehr. Das mit den Zähnen störte mich nur kurz, das mit dem Wasser war ein wenig kritisch. Einmal trank ich aus einem Brunnen im Wald – kein Trinkwasser – eine Quelle im Wald? – hat auch nicht geschadet –, aufgefüllt hab ich die Flasche dann erst am Friedhofsbrunnen in Oberleuken.

Oberleuken, das liegt am Leukbach weiter oben, aber das Hinkommen war umständlich wie immer bei Jakobspilgern. Einmal habe ich den Bach sogar in einer Furt und über Steine überquert und das alles mit einem Rucksack auf dem Buckel.

Da ich wegen des frühen Weggehens relativ früh dran war, meinen Wasservorrat in Oberleuken, das eigentlich mein Tagesziel war, aufgefüllt hatte, war ich übermütig geworden. Ich beschloß, in den nächsten Ort "Borg" zu gehen. Da gibt es Ausgrabungen aus der Römerzeit und eine rekonstruierte Villa. Ich umrundete sie, d.h. die ganze Anlage, ging aber nicht hinein, irgendwie war ich doch scho zu kaputt und geöffnet war auch nur bis sechs und jetzt war fünf!

Also ging ich gleich weiter ins Dorf Borg, in der Meinung ein reichhaltiges Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten zu finden und ein ähnlich anregendes Nachtleben wie in Saarburg, dank der Römer.

Aber der inzwischen schon recht schlaffe Wanderer mußte nach erfragen der einzigen Gastwirtschaft feststellen, dass ihm schon wieder Monteure &nddash; diese hier arbeiten alle in Luxemburg – zuvor gekommen waren. Alles war voll. Am Wochenende wäre alles frei, aber so lange will und kann ich nicht warten.

Die sehr nette Wirtin telefoniert umher und kann schließlich ein Zimmer in Hellendorf für mich reservieren. Hellendorf liegt auf meiner Strecke, das spare ich mir also morgen, aber heute heißt's noch eine halbe Stunde gehen.

Geschafft! Finito! Ein gutes Abendessen, ein Glaserl Wein und ein Glas Vietz! Und die Schweinefilets in Vietz-Sahnesauce haben den Durst und die Anstrengungen des Tages wie einen traumhaften Hauch in wohligem Gefühl des Glücklichseins verfliegen lassen.

So ging ich ins Bett und verschlief am nächsten Morgen fast das Frühstück um 1/2 8h.

Euer Siegfried, der immer, wenn er nicht anders beschäftigt ist, an Euch denkt!

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