16
Juli
2008

Saarburg (14. Juli)

Hallo Ihr Lieben,

langsam werde ich auch noch in Erdkunde fit. Ich bin doch glatt heute ins Saarland eingewandert, das 7. Bundesland in der Zwischenzeit und Luxemburg und Frankreich sind nicht weit. Ich sitze hier vor einer Pizzeria am Pferdemarkt und am Nebentisch ist eine große Gesellschaft, die sich abwechselnd französisch und deutsch unterhält. Am Saarufer sah ich ein Schiff für Radtouren, ein holländisches, das ganze Deck war mit Fahrrädern zugeparkt, ein interessanter Anblick.

Ich bin hier so gegen 17.00h eingetroffen und hab gleich in der Information nach einem Zimmer gefragt und nun logiere ich im Atelier einer Kunstmalerin. Zum Empfang bekam ich ein schön kühles Weißbier und wir unterhielten uns eine ganze Weile. Sie empfahl mir den Film "Kirschblüten" von Doris Dörrie anzusehen, ein Film im japanischen Milieu über einen deutschen Mann, dessen japanische Frau gestorben ist. Und einen französischen Film über den Jakobspilgerweg von fünf sehr unterschiedlichen Personen – ich hab von dem Film vor einiger Zeit gelesen.

Sie hat natürlich auch große Probleme, ihre Kunst zu vermarkten. Macht jetzt Kunstkurse für Kinder und die scheinen gut anzukommen.

Ich bin gespannt, wie ich in dieser interessanten Umgebung, dem Atelier, schlafen werde. Allerdings muß ich morgen schon um 8! Uhr aus dem Haus, weil sie einen Termin hat.

Vorgestern Abend habe ich in Trier noch was Nettes erlebt, die Bilder habt Ihr schon. Ich sitze mit Brigitta und Heinz am Marktplatz beim Glaserl Wein und da höre ich immer wieder was scheppern als wenn Porzellan zerbricht dann lautes Gelächter und Geräusche die ich nicht definieren kann, die aber mit Scherben zu tun haben. Und ich sehe junge Leute mit einem Leiterwagen umherziehen. Ich werde aufgeklärt: Das ist ein Brautpaar, das Junggesellenabschied feiert. Ich gehe hin. Für einen Euro darf ich einen Teller zerdeppern und das Brautpaar kehrt die Scherben unter großem Beifall der begleitenden Gesellschaft zusammen und lädt alles auf den Leiterwagen.

Eine andere Gruppe, diesmal nur Mädchen, oder sollte man sagen junge Frauen, in Hula-Röcken, eine mit weißem Schleier und Bauchladen. Die mit dem Bauchladen verkauft allerlei Krimskrams, ich erstehe einen goldfarbenschreibenden Kugelschreiber und bekomme einen saftigen Kuß obendrauf. Das war ein Nachtrag zu meinen Erlebnissen in Trier.

Aus dem Abschiedsweißwurstessen mit Brigitta und Heinz wurde nichts, weil's in Trier Weißwürste erst NACH 12.00h mittags gibt.

Heute früh bin ich dann mit ausgeruhten, aber gegen jede Bewegung protestierenden Gelenken und Muskeln wieder aufgebrochen.

Ich ging mitten durch die Stadt, an der Porta Nigra vorbei, über den Marktplatz , warf einen Abschiedsblick auf das Dreikönigenhaus, blickte links in die Gasse, in der ein kleiner Ausschnitt der Domfassade sichtbar wird, bewunderte im Vorbeigehen nochmal den farbenprächtigen Tugendenbrunnen und das Marktkreuz, war wieder erstaunt über das Portal zur Gangolfkirche in der Häuserfront und sah auch nochmals im Weitergehen links die Fassade der Römischen Palastaula. Und alles das zwischen Gebäuden, Fassaden, Schaufenstern, hetzenden und bummelnden Menschen einer erwachenden modernen Großstadt!

Ich mußte, um meinen Weg fortzusetzen nach Südwesten gehen, ich wußte, das ist auch die Richtung zu St. Matthias. Matthias war auch ein Apostel, genauso wie Jakobus, zu dem ich unterwegs bin. Es ist also naheliegend auch ihn zu besuchen. Soviel ich weiß, gibt es keine weiteren Apostelgräber mehr in Europa. Auch zu Matthias gab es früher große Wallfahrten, aber gegen Jakobus kommt er nicht an. Wenn er nicht ein Heiliger wäre, und die beiden, so nehme ich an, im Gefolge von Jesus nicht echte Freunde gewesen wären, müßte ihm jetzt echt stinken, daß vor seiner Haustüre, der Pforte zu seiner Kirche, eine Informationstafel über den Jakobsweg aufgestellt ist!

Die Kirche des Hl. Matthias ist also weit am südwestlichen Stadtrand von Trier und, weil's mir so weit vorkam, habe ich mich mehrmals fragend versichert, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Aber dann ist sie plötzlich da, eine Mauer, ein Tor, ein schöner großer gepflasterter Platz und eine markante romanisch-gotische Fassade. Wohltuende Ruhe in der Kirche. Außer mir ist niemand da. Eine dreischiffige gotische Basilika, einfach, klar. Unter der Apsis eine Krypta mit zwei Steinsärgen, die der ersten Bischöfe, die hier residierten, noch bevor Trier seine Bedeutung erlangte. An der Rückseite eine Nische. Da steht ein kleiner Steinsarg,mit goldfarbenen, beschrifteten Bändern, auf denen ich entziffern kann: ...St. Matthias... Hier ruhen seine Gebeine. Auch diese hat die Hl. Helena, die "Lebensgefährtin", wie's in einem Führer hiess, Konstantins des Großen, um 300 n.Chr. nach Trier bringen lassen, genauso wie das letzte Gewand Christi, das im Dom verehrt wird.

Da schon um das Jahr 930 Benediktiner nach St. Matthias berufen wurden um ein Kloster zu gründen, schrieb ich natürlich gleich eine Karte an die Patres von Wechselburg mit dieser freudigen Nachricht.

Diesmal habe ich wieder viel durcheinander erzählt. Aber so schaut's in meinem Kopf aus. Ich hatte eigentlich geglaubt, die ganze Wanderung würde eine eher langweilige und anstrengende Angelegenheit, dagegen habe ich jetzt zu tun, alles mit zu bekommen und auch alles aufzuschreiben. Wie gut das Aufschreiben ist, merke ich daran, wie schnell ich Begebenheiten der vergangenen Tage vergesse, sie werden einfach total überdeckt von aktuellen Begebenheiten, die ja nie Routine sind wie z.B. im Berufsleben. Bei vielen Dingen muß man noch dazu hoch konzentriert sein, bei der Wegfindung im Gelände und beim Gehen über schwierige Pfade.

Ich bin von Trier aus Mosel-aufwärts auf dem Radweg gewandert, auch an der Saar blieb ich auf dem Radweg, so hatte ich ein einfacheres Gehen und sah und erlebte auch mehr als beim anstrengenden Gehen im Wald und über die Berge, da hat man nur ab und zu umfassende Ausblicke.

So aber sah ich die Mündung der Saar in die Mosel und die Saar schein da genauso breit wie die Mosel. Beide Flüsse scheinen hier und auch sonst stehende Gewässer zu sein. Nur wenn man ganz genau hinsieht kann man die Strömungsrichtung feststellen. Eine Folge der zahlreichen Staustufen. Der Rhein ist auch in dieser Hinsicht eine Ausnahme, der fließt und zwar rasch, ja da ist es richtig zu sagen "majestätisch".

Das Saartal kommt mir lieblicher vor als die Täler von Mosel, Rhein und Lahn. Die begrenzenden Hänge treten weiter zurück und sind nicht so steil. Auch der Bewuchs ist abwechslungsreicher, da gibt es Wälder, aber nicht so bedrohlich wie an der Lahn, sie sind durchsetzt von Weinbergen und helleren Gebüschzonen und die Getreidefelder bringen fröhliches Gelb dazwischen.

Saarburg hat mich überrascht. Ein schönes Alt-Städtchen das von einem quirligen Bach durchflossen wird, der am Ende der Altstadt aber noch zwischen Gebäuden um die 20m hinabstürzt, zum Teil auch in hölzernen Rinnen zu irgendwelchen Wasserrädern oder für andere Zwecke geleitet wird. Es gibt viele Restaurants und da heute ein schöner warmer Abend ist, sitzt alles auf der Strasse, ich auch. Es ist jetzt elf Uhr, ich bin der letzte Gast und werde nun auch "heimgehen", denn mir wird's auch kalt.

Auch an der Saar ist es schön, ich hab das Saarland früher nur mit Kohle und Industrie in Zusammenhang gesehen.

Euer immer wieder überraschter

Siegfried

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