Vézélay (7. August)
Um diese Email zu schreiben sitze ich jetzt, um 10 Uhr in der Basilika Ste Marie-Madeleine.
Als ich vorgestern um 7 Uhr abends hier verschwitzt, müde, aber sehr glücklich angekommen war, war mein erster Weg, ohne dass ich vorher etwas anderes vom Ort gesehen hätte, in die Basilika gewesen. Das war eigentlich auch ganz normal, weil der Fußweg, der am Ende steil von Asquins hier heraufführt, direkt an der Nordseite der Kirche endet.
Glockengeläut, es war 7 Uhr abends, Gesang aus der Kirche.
Ich komme erst in einen großen, quadratischen, sehr hoch wirkenden Vorraum, mit einem mittleren höheren Gewölbe, gestützt von vier Säulen und zwei niedrigeren seitlichen Gewölben.
Später hat mir Albert erzählt, dass er erlebt hat, wie in diesem Vorraum das Osterfeuer entzündet wurde.
Zwei riesige Holztüren zeigen im Vorraum wohin der Weg zur Kirche geht. Sie sind aber verschlossen. In die Kirche kommt man durch eine der beiden kleineren Türen, die in eines der beiden Seitenschiffe führt.
Das Raum ist lang, relativ nieder und durch die Stützen und Gewölbe reich gegliedert. Aber alles einfarbig in hellem, warmtönigem Naturstein.
Ich gehe in das Mittelschiff, aus dem der Gesang kommt.
Ein hoher Raum mit Gewölbe.
Die Apsis genauso hoch wie das Kirchenschiff. Säulen führen herum, in der Mitte, zwischen zwei Säulen eine lebensgroße Muttergottesfigur auch in hellem Naturstein.
In der Apsis, beidseits vor dem schlichten warmweißen Altar, etwa 20 Gestalten, in weiße lange Gewänder gekleidet, mit dem Rücken zu den Gläubigen, kniend und sitzend auf niedrigen Schemeln, die sie beim Aufstehen wegnehmen und seitlich hinstellen.
Sie singen Psalmen, in einfachen Tonfolgen, ähnlich gregorianischer Gesänge, nur kommen mir diese melodischer vor. Männer- und Frauenstimmen, manchmal einstimmig, manchmal mehrstimmig. Die Psalmen werden angesagt, Büchlein liegen aus, die Gläubigen können im Wechselgesang mitsingen.
Die Gestalten stehen sehr ruhig, es gibt fast keine Bewegung, nur ab und zu tritt ein Mönch oder eine Nonne ans Pult, jetzt das Gesicht zu den Gläubigen gewandt, um etwas vorzulesen.
Es sind etwa 100 Leute im vorderen Teil der Basilika, die andächtig, auf Stühlen sitzend oder stehend mitfeiern, nur wenige Leute laufen herum.
Alle Bewegungen sind sehr ruhig, ja feierlich.
Zur Weihe der Speisen wird der Kelch mit dem Wein und die Schale mit dem Brot von der Rückseite der Kirche geholt, zwei Gläubige, eine Frau und ein Mann, werden von einer Schwester aufgefordert, Kelch und Schale zu tragen, und sie kommen dann, feierlich, ein Mönch mit Rauchfass, die Schwester und die beiden von rückwärts durch das Kirchenschiff zum Altar und geben beides dem lächelnden jungen Priester.
Die hl. Kommunion ist in zwei Gestalten, d.h. Brot und Wein werden gereicht.
Von Philippe gibt's übrigens auch noch eine schöne, überaus schöne Geschichte! Und heute hab ich auch noch Greg, einen 18-jährigen Egländer kennen gelernt!
Siegfried