Vézélay (6. August)
Wie ich gerade beim nochmals ansehen meiner gestrigen Email gesehen habe, schreibe ich dort unvermittelt von einem Burgunder. Das kommt daher, dass ich die Email am Tisch im Restaurant geschrieben habe, und wie das Essen kam, ein Foto davon gemacht habe. Und dann habe ich beim Weiterschreiben einfach auf das Foto bezug genommen.
Ich war gestern abend ganz schön kaputt, ich war ja wieder fast 30km gelaufen, und da ich erst um sieben angekommen war, dann auch noch gleich eine Zeit bei der feierlichen Messe in der Kirche war, war es fast acht, als ich ins Restaurant kam.
Die Holländerin im Schlafsaal, mit der ich gleich ein paar Worte gewechselt hatte, meinte zwar, ob ich nicht erst duschen wolle. Ich lehnte das ab mit der Begründung, dass ich dann möglicherweise nichts mehr zum Essen bekäme. In Frankreich herrschen nämlich strenge Sitten.
Das Diner wird fast überall wo ich bis jetzt war, zwischen 7.00 und 8.30 Uhr serviert, und ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie ein Ehepaar in Clairvaux um 1/2 9 hungrig weiter geschickt worden ist. Die Restaurants leeren sich anschließend auch wieder ziemlich schnell. Man kann auch nicht schon eine Stunde vorher kommen, sich hinsetzten und einfach was trinken, nein, dazu sind die Bars da.
Also ich war da im Restaurant ganz malerisch und hab sicher einen gewissen Duft von Natur und Freiheit verströmt, aber wir saßen ja im Freien, und wie mir gerade einfällt, passten die Flasche Wein und die große Flasche Wasser ganz gut zu meinem Erscheinungsbild.
Vom Restaurant aus gings vielleicht 5 bis 10 Minuten steil bergauf. Dann nochmals 2 Stockwerke über eine Wendeltreppe bis zu meinem Bett. Die Holländerin schlief schon.
Also ohne Licht Waschzeug und Schlafanzug raussuchen, Bett zurecht machen, Inlett auflegen. Duschen, Schlafen. (Auf die Idee, die Stirnlampe zu nehmen, bin ich mit meinem Suri im Kopf nicht gekommen.)
Das nächtliche Aufstehen im Finstern, das vorsichtige Übersteigen zweier Balken die quer über den Fußboden laufen, das Anrempeln des Tisches, das Suchen der Tür, das vorsichtige Aufmachen der Tür, will ich jetzt, obwohl ich darüber eine eigene Geschichte schreiben könnte, nicht näher schildern. Die Tür quietschte jedenfalls im richtigen Augenblick und völlig unerwartet fürchterlich laut!
Gute Nacht!
Siegfried