18
Okt.
2008

Ferreiros (18.Oktober)

Jetzt sitz ich auf'm Bankerl in der Sonne vor der Herberge in Ferreiros.

Die Wäsche ist gewaschen, das Bett ist hergerichtet – Inlett und Schlafsack –, in der Bar habe ich ein Viertel Vino Tinto zu einem Riesen-Boccadillo mit galizischem Schinken gegessen, anschließend eine Käsetarte mit einem Cafe con leche.

Heute habe ich nämlich den Entschluß gefaßt, lieber ein, zwei Tage mehr nach Santiago zu brauchen, als kopflos durch die Gegend zu rennen. Meinen bisherigen Gefährten werde ich vielleicht ein bißchen abgehen, der ich treu jeden Abend als letzter eintrudelte, aber ich hab von allen Adressen.

Aus der Herberge zwischen Calvos und Sarria bin ich so gegen 1/2 9h, nicht ganz als Letzter losgezogen, es war gerade ein bißchen hell geworden. Viele laufen schon vor acht Uhr los, wenn's noch stockdunkel ist. Werde den Sinn dahinter wohl nie verstehen.

Durch Sarria lief ich gemütlich, holte auch die ersten wieder ein, da sie hier Frühstück machten.
Nachdem ich in die Kirche reingeschaut hatte, durch ein Guckfenster in der Türe, setzte auch ich mich vor eine Bar und genoß den Morgen und das Leben bei einem Cafe con leche mit einem riesigen Apfelkuchen und anschließend mit einem frisch gepreßten Orangensaft. Hier war Gelegenheit und die Möglichkeit, wieder Emails zu senden. Und ich genoß es in dieser spanischen, gerade erwachenden, Kleinstadt.

Und dann ging es wieder auf und ab durch eine sehr grüne Landschaft mit uralten Kastanien-(Maroni-)Bäumen, mit von Mauern umgrenzten Feldern, mit düsteren, aber malerischen kleinen Dörfern. Der Stein, aus dem die alten Häuser gebaut sind, ist dunkelgrau, die Dächer sind mit ähnlichem, großflächigem Schiefer gedeckt, die Wände sind oft fensterlos. Die engen Straßen sind hier, im Gegensatz zu den Dörfern, die wir gestern durchwandert haben, und die mit großflächigen hellen Natursteinen im wilden Verband gepflastert waren, wieder asphaltiert, was alles noch düsterer macht. Allerdings gibt es hier nicht so viele Kuhfladen wie gestern, was das Gehen etwas leichter macht.

Die kleinen Wälder, die zu durchwandern sind, sind Eichen- und Kastanienwälder. Vor allem die Kastanienbäume sind uralt und haben Stammdurchmesser von bis zu – geschätzt – einem Meter und mehr. Und was auffällt, sie sind so geschnitten, dass am Stammoberteil, also in 3 bis vier Meter Höhe, nur neue, schlanke Triebe / Äste austreiben, was den Bäumen ein besonders bizarres Aussehen gibt.
Manchmal schimmern zwischen den Baumstämmen die Dächer von schiefergedeckten Häusern durch. Nach Ferreiros, wo ich jetzt bin, waren es nur rund 16 km und trotz gemütlicher Wanderung war ich schon kurz nach drei Uhr da.
Ferreiros ist ein ganz kleiner Ort, die Herberge liegt etwas außerhalb am Weg und daneben die Bar mit dem Restaurant. Beide existieren nur durch die Pilger.

Gestern abend und heute früh saß ich neben Fritz, dem Schweizer, dessen Frau das Wägelchen zieht. Er hat teilweise schlechte Erfahrungen mit den Spaniern gemacht, insbesondere mit den Galiziern.
In Alto do Poio, es war an dem Tag, als es so geregnet hatte, suchte er erst in der Herberge ein Quartier, dort schien es ihm so unwirtlich, dass sie in das benachbarte Hostel gingen, aber dort scheint es, seinen Erzählungen nach, richtig makaber gewesen zu sein.
Es war kalt (ca 1330m hoch!), die Zimmer nicht geheizt, beim Essen konnten sie die Teller nicht leer essen, denn sie wurden ihnen einfach weggenommen, wenn der nächste Gang kam. Obwohl im Führer ein Preis von 35€ fürs Zimmer drin stand, wurden 50€ verlangt, er zahlte schließlich 40€. Der Hostelchef, wenn Fritz widersprach, verwies sie mehrmals des Hauses und war extrem unfreundlich, sie konnten nicht mehr weitergehen, denn es war schon gegen Abend und es regnete und war kalt.
Wie ich schon beschrieben habe, hatten wir dagegen eine sehr angenehme Herberge für 8€ und ein reichhaltiges, gut schmeckendes Pilgermenü für 9€. So und so. Ich hab halt immer ein wenig Glück.

Jetzt hat für mich die letzte Periode der Wanderung begonnen. Ich werde kürzere Strecken gehen und ein bißchen mehr schauen und nachdenken und genießen. Ich werde auch die Abende und Morgen wieder mehr alleine sein und wie Ihr merkt, auch wieder mehr Zeit zum Schreiben haben.

Ich möchte mir Spanien auf der Zunge vergehen lassen, wenn Ihr versteht, was ich meine.
Und ich hab mir gedacht, ich nehme einen schönen Laib Käse und einen ganzen galizischen Schinken im Rucksack mit nach Hause, damit Ihr auch ein bißchen was von Spanien schmecken könnt!

Siegfried

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