03
Aug.
2010

Vercelli, Robbio

Nach einer schweißtreibenden Tour mitten durch die Reisfelder bin ich hier in Robbio, einem Städtchen, von dem ich bis jetzt nichts wußte, so gegen 4 Uhr gelandet.

Das war jetzt die erste Strecke, die ich auf der als "Via Francigena" markierten Strecke, von Vercelli aus gegangen bin. Nach diesen Markierungen und meinem sehr genauen englischen Guidebook hoffe ich die 800km nun auch noch ohne viel Umwege zu schaffen.

Der Führer ist so genau, dass er auch in 200 Meter Abständen Angaben macht und wenn man meint sich alles merken zu können, dann erkennt man -ich- bald die Grenzen seines Gedächtnisses und läuft an einer vielleicht sogar markierten Abzweigung vorbei und steht dann plötzlich am Ende eines Dammes mitten in einem Reisfeld. Aber schlimm war´s nicht.

Jetzt bin ich also schon fast ein Experte für Reisfelder: Der Reis scheint mir fast in allen Entwicklungsphasen da zu sei. Noch ein bisschen nieder und in strahlendem hellgrün. Dann ist er ein wenig dunkler und man kann Ähren erkennen. Und dann gibt's noch Ähren die kippen, wie bei uns die Getreideähren wenn sie reif werden. Und die Reisfelder stehen tatsächlich im Wasser und das ist viel Wasser was sie brauchen, denn in den Zuflusskanälen läuft das Wasser meistens schnell, nur selten sieht man stehendes Wasser. Und was auffällt, es gibt auch fast keine Mücken, vielleicht liegt dies aber auch daran, dass es ihnen untertags, wenn ich Narrischer laufe, zu heiß ist.

Und manchmal riecht es nach Reis, ganz so wie daheim, wenn Reis gekocht wird.

Heute bin ich wieder in einem Hotel, hab' meinen in der südlichen Sonne gebratenen Körper ausgiebig geduscht und sitz nun nach einem kleinen Nachmittagsschläfchen in Gesellschaft von lästigen Fliegen und diskutierenden Männern fast wie ein richtiger Italiener vor einer Bar bei einem Campari mit Eis.

Bei meinem Spaziergang hab ich eine interessante Burg entdeckt, in Ziegelbauweise mit reichen Verzierungen aus Terrakotta auch zwei alte Kirchen aus dem 12 JH, auch mit interessanten Terrakotta Dekors.

Gestern bin ich nach einer relativ kurzen Tour schon gegen drei in Vercelli angekommen. Dort hatte ich mich schon telefonisch in einem Kloster, also einer richtigen "Pilgerherberge" angemeldet.. Da sie mir etwas außerhalb der Stadt gelegen schien, spazierte ich mit dem Rucksack erst durch die malerische Stadt. Man kommt von daher wo ich gekommen bin über eine lange, nicht besonders breite, alte, stark befahrene Brücke über die Sesia und bei jedem entgegen kommenden Lastwagen drückte ich mich vorsichtshalber ans Geländer.

Aus der lauten und belebten Randstadt kommt man langsam ins Zentrum. Aber Fußgängerzone gibt´s nicht. Man arrangiert sich. Da wird auf dem Zebrastreifen geparkt und es ist auch nicht so wie in der Schweiz wo jedes Auto schon anhält, wenn man nur in der Nähe eines Zebrastreifens ist. Hier heißt´s raufgehen und durchhalten, dann halten sie.

Gehupt wird fast nie, und wenn, dann um irgend jemand zu begrüßen. Auch den einsamen Wanderer am Straßenrand.

Vercelli hat enge Straßen wie überall im Süden, so ist es immer schön kühl. Es gibt viele Kirchen, auch einen Dom, man muß nur rauskriegen wann sie offen sind, offenkundig war der Dom zur Siestazeit geschlossen, nach einer Ehrenrunde sah ich dann die Türe offen. Er schaut außen größer aus als er ist, ist innen dunkel und sein Barock wirkt trotz der reichen Bemalung ernst.

Der Weg zu meiner Herberge war dann länger als ich gedacht hatte, aber schließlich war ich da. Eine uralte, in Ziegel gemauerte Kirche, daneben eine kleine Pforte. Ich läute: eine italienische Stimme. Ich sage "il pelegrino tedesco", der Türöffner summt und ich kann hinein. Eine liebe Frau empfängt mich, zeigt mir ein Zimmer in dem drei Doppelbetten sind, sie sagt ich wäre aber allein, sie sagt das natürlich auf italienisch und ich versteh das nicht, kapiers aber später.

Ich bin zum Abendessen eingeladen, hab Gelegenheit zum Wäschewaschen und ich fühl mich wohl. Ich sitz auf dem Balkon und um 1/2 8 läutet die Glocke zum Abendessen. Der Padre, die Frau, die mich empfangen hat, eine behinderte Frau, ein junges Mädchen und drei jüngere Männer: Nach einem Tischgebet gibt's Antipassti, Wurst, Tomatensalat, Spaghetti, von denen ich eine besonders große Menge bekomme, die Reine mit den Spaghettis liegt in einer größeren mit heißem Wasser, dazu Tomatensauce oder gewürztes Olivenöl, danach Käse, dreierlei Art, und Obst. Ganz bis zum Ende konnte ich nicht genießen, weil ein Sturm und Gewitter losbrach und überall in dem großen Haus Türen und Fenster zuschlug, und alles stürmte los. Ich, um meine Unterhose,meine Socken und mein Trickot zu retten.

Morgens bekam ich Milchkaffee und Biscotti zum eintauchen, so wie's in Italien Brauch ist und verabschiedete mich mit Umarmung. Ich versprach eine Karte aus Deutschland zu schreiben. München kennen sie nicht, aber Monaco di Baviera - und Königshain???

Es war sehr schäön in der Herberge in Vercelli. Aber hier bin ich doch wieder, wie Ihr schon wisst in ein Hotel gegangen. Irgendwie braucht ein alter, gebrechlicher Mann wie ich, nach einem anstrengenden Tag einen Raum wo er das Gefühl hat daheim und allein zu sein.

Und ich muß den Wirten hier und auch bei uns daheim ein großes Kompliment ausstellen: Sie führen oft große Häuser und dann kommt blos so ein Schwammerl wie ich. Und sie sind freundlich und bemühen sich, dass es einem gefällt. Auch wenn´s einem manchmal teuer vorkommt, die Preise sind, im Verhältnis zum Aufwand, doch eigentlich immer angemessen. Auch das lerne ich auf dieser Reise: Wie wichtig die Kultur der Gastwirtschaften/Hotels/Albergos ist.

Hier im Albergo Moderne in Robbio hab´ ich seeehr gut zu Abend gegessen. Erst Antipasti, dann einen riesen Teller Risotto mit schwarzen Bohnen, weil ich nach einer Spezialität verlangte, dann ein Brett mit drei verschiedenen gegrillten Fleischstücken mit gegrillten Zuchhini und Pepperoni, dann eine gekochte Birne in Caramelsauce und zum Abschluß einen echten Espresso. Das alles für 15€, ich konnt´s nicht glauben.

Und am Schluß hatte ich noch so große Gesellschaft, dass ich aufstehen mußte mich ihrer zu erwehren: die Stechmücken, die mich mittags verschlafen haben!

Jetzt lieg´ ich im Bett und mach die Fenster erst wieder auf, wenn die Biester schlafen.

Siegfried

PS Liebe Leute vom Unterdorf in Wiederau und liebe Blaskapelle, auch wenn ich noch so renne, ich werd's bis zum 12. Sept. nicht schaffen. Das geplante Hoffest gibt's also zu dem Zeitpunkt nicht. Dafür später und dann machen wir eine italienische Nacht - vielleicht! Versprochen!

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