03
Juli
2012

Skjetten: Aus (3. Juli)

Mein erster Tag auf dem Olavsweg! Vom Hostel aus an Haupt- und Nebenstraßen zum markierten Pfad, der vom Hafen aus, vom Meilenstein "643 km til Nidaros" nach Nordosten führt.

Jetzt geht's erst mal sehr lange an lauten, verkehrsreichen Strassen entlang, an hohen Wohnbauten, die oft sehr viel anders gestaltet sind als bei uns, viel Ziegel und auch Holz und gerne farbig. Die Gewerbegebiete ähneln den unseren dagegen schon sehr.

Es geht natürlich auch in der Stadt immer bergauf und bergab, ich bin das schon nicht mehr gewohnt nach zwei Monaten Wanderung im Flachland.

Es ist schon Nachmittag, da zweigt der Weg plötzlich von der Strasse auf einen Trampelpfad ab, es geht im Grünen bergauf. Der Weg wird steinig, felsig, führt schließlich über rundgeschliffene Felsenköpfe. Es gibt schwarz-morastige Wegstellen , die umgangen werden müssen. Und es riecht nach Wald, Wiese und Würzkräutern zugleich: Jetzt bin ich sicher, ich bin in Norwegen! Und den 311m hohen Gjelleråsen habe ich dabei auch noch bestiegen, von "0" aus!

Es war anstrengend auf dem Geröll und den runden Felsköpfen zu laufen und einmal passte ich nicht auf und verlor den Halt, obwohl ich elegant tänzelnd auf einem runden Felsen das Gleichgewicht wieder finden wollte, der Rucksack war stärker und ich fiel rückwärts auf ihn und streckte alle Viere wie ein Maikäfer in die Luft.

Jetzt bin ich in Skjetten, der ersten offiziellen Herberge auf dem Weg, einem vornehmen Hotel, zwischen dessen feinen Gästen sich der urige Wanderer aus dem Wald etwas deplatziert fühlt. Aber er hat sein eigenes Zimmer, seinen privaten Bereich.

Auf dem weiteren Weg gibt's das nun nicht mehr. Da gibt's gemeinsame Schlafstuben, Plumpsklosett, und zum Teil auch Waschen im Bach. Und der Siegfried merkt: Das geht nicht mehr, was ihm vor vier Jahren in Spanien noch Spaß gemacht hat (da gab's allerdings schon WC und Duschen). Jetzt ist häufige nächtliche Wanderschaft zu einem gewissen Örtchen die Regel und da stören schon quietschende Türen in einem Vandrarheim. Das kann ich Mitschlaefern in einer Hütte nicht antun und auch mir nicht.

Und so habe ich gestern Abend schon den Entschluss gefasst, meine Wanderung abzubrechen! Nach nur einem Tag auf dem Olavsweg! Nun hab's endlich auch ich gemerkt: Siegfried, du bist ein alter Mann! Schade.

Morgen fahre ich mit dem Bus nach Oslo zurück, dann mit der Fähre nach Fredrikshavn und mit dem Zug heim. Aus der Traum

Kommentare

1. Siegfried
Liebe Frau H.R., schlimm steht es um mich nicht. Aber vielleicht wollte mir der liebe Gott nur einmal zeigen, dass auch ich nicht ewig so weitermache kann wie bisher. Dass ich einen Körper habe, der das ja alles mitmachen muss und dass der halt alt wird und die Teile wie beim alten Auto langsam verschleissen. Dazu kommt dann der Kampf zwischen dem "Geist" der will und dem "Körper" der gerne seine Ruhe will. Und den auszufechten wird auch langsam mühsamer.

2. H.R.
Das kann ich nicht glauben. So schlimm steht es um Sie? Nach 2/3 Tour abbrechen. Ja, wenn es dann gar nicht anders geht, muss man wohl einsichtig sein. Aber ich werde Ihre Einträge vermissen, hab sie sehr gern gelesen. Es hätte immer etwas mehr sein können. Und wer bringt nun meine Grüße zum Heiligen Olav? Sehr, sehr schade - ich habe Ihnen so sehr den Erfolg gegönnt und habe mir schon manchmal ihre Ankunft in T. vorgestellt. Da wäre ich auch gern dabei gewesen, das muss ich gestehen. Herzliche Grüße H.R.

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