09
Juli
2008

Alken (4. Juli), Karden-Treis (5. Juli)

Meine Herrschaften,

Ihr seht, ich komme meinen guten Vorsätzen nicht hinterher. Schon wieder hab ich den Bericht über einen Tag ausgelassen. Das war gestern, als ich von Koblenz-Pfaffendorf nach Alken wanderte und erst abends um sieben Uhr in der Pension in Alken Feierabend hatte.

Und heute bin ich auch erst um sechs Uhr in Karden, der nächsten Station, eingetroffen.

Gestern hatte ich mich telefonisch in einer Pension angemeldet, das wollte ich heute auch tun, aber ich bekam da, wo ich gerade war, keinen Anschluss (ist mir übrigens schon öfter passiert), und dann vergaß ich das Anrufen. Aber hier ist das kein Problem: Übernachtungsangebote gibt es hier in Hülle und Fülle und in allen Variationen.

Jetzt sitz ich vor dem "Schwan", wo ich auch logiere, auf der Terrasse und die charmante Wirtin freut sich, wenn ich ihr gutes Essen lobe. Der halbtrockene Riesling, der Standardwein an der Mosel, ist gut zu trinken und tut mir gut, nur gestern, nachdem ich drei Schoppen getrunken hatte, wankte ich etwas ins Bett. Aber ich höre auf Chantal – ich muss auf meinen Flüssigkeitshaushalt achten, und das Wasser ist hier fast so teuer wie der Wein. Heut habe ich aber auch mit dem Essen ein wenig über die Stränge geschlagen: Suppe, Feinschmeckerschnitzel vom Schwein mit Gemüse überbacken, sehr zart! Dann Espresso und auch noch ein Pfefferparfait. Dazu zwei Schoppen Wein und zwei Wasser. Muss die nächsten Tage wieder spartanischer leben.

Der Weg geht an den Moselhängen entlang, zum Teil zwischen Weinbergen. Hier sah ich auch einmal das Zuschneiden, so muß ichs (da fehlt der Rest, Anm. d. Red.)

Die Landschaft ist recht kurzweilig, weil sie sanft hügelig ist und durch kleine Waldflächen unterteilt.

Nach rauf und runter und manchen kleineren Unsicherheiten bei der Orientierung komme ich schließlich zu Burg Eltz, eine Burg, die ich nicht zu beschreiben brauche, weil sie eh jeder kennt. Stellt euch die schönste Burg vor, von der Ihr ein Bild gesehen habt, ja, das ist sie. Und schlauerweise haben sie sie in ein Tal auf einen hohen Felsen gesetzt. So ist sie einerseits hoch oben, aber wenn man von einem der das Tal umgrenzenden Hügel kommt (Jakobspilger tun das immer, weil's Raufsteigen so schön ist), dann sieht man sie auch von oben und kann zu ihr runtersteigen.

Logischerweise ist für die Autotouristen der Parkplatz auch oben, sie gehen dann fotografierend nach unten und lassen sich mit dem Shuttlebus wieder rauffahren.

Ich hatte eine Vision von einem kühlen Weißbier, und nach einigen Irrwegen zwischen hungrigen Autotouristen konnte ich ein traumhaftes Erdinger Weißbier auf einer Terrasse der Burg Eltz genießen. Der weitere Weg schien mir nun ein Kinderspiel. Es ging abwärts – die Mosel liegt weiter unten. Ein Tal mit einem kleinen lebendigen Flüsschen wird der Weg wohl nutzen.

Ich gehe runter, und der Weg macht einen großen Bogen und führt mich über eine Brücke. Unmittelbar an der Brücke werden gerade zwei Autos der Freiwilligen Feuerwehr an den Flußrand rangiert, Schläuche werden ausgelegt, der Fluß mit Steinen gestaut und zwei riesige Fontainen in Wald und Wiese gespritzt. Faszinierend! Wie schön wärs, bei der Feuerwehr zu sein. Aber ich muss weiter.

Es ist an der Gabelung unmittelbar nach dem Brückchen eine umfangreiche Sammlung von Wegweisern und Wandererweisern, auch die Jakobsmuschel, zu studieren, doch keiner führt in einen Ort, der auf meiner Karte verzeichnet ist. Also lauf ich, nicht ganz sicher, den wahrscheinlichsten Weg. Der Witz an dieser Stelle ist, dass der Moselhöhenweg hier nach zwei Seiten ausgeschildert ist, einmal nach Norden einmal nach Westen.

Nach ein paar hundert Metern bin ich mir noch weniger sicher, noch dazu da ich am Sonnenstand, das heißt: am Schatten meiner Stöcke, merke, dass der eingeschlagene Weg nicht von seiner Nordrichtung abweicht. Also wieder zurück. Die Feuerwehrleute rollen ihre Schläuche wieder ein und lachen mir zu. Ich steh wieder vor meiner Wegweiseransammlung und studiere. Und was seh ich da? Direkt neben der stattlichen Eiche, vor der ich stehe, ist so was wie ein trockener Wasserfall vom letzten Platzregen. Ich definiere ihn als "meinen" Pfad und steige darin hoch.

Im weiteren Verlauf kann man den Pfad als Hohlweg bezeichnen und ich habe ein recht gutes Gefühl, da ich auch bald an einem Baum die Jakobsmuschel sehe. Ich keuche höhrbar, denn es geht steil bergauf und es tut gut, laut zu atmen. Plötzlich sehe ich weiter über mir zwei Männer laut diskutierend stehen.

Ich laufe wieder lautlos und locker, sportlich halt wie a Junger, und beim Näherkommen fragt mich einer der beiden: "Haben Sie da unten zwei Feuerwehrautos gesehen?" Ich bejahe das, und kläre sie darüber auf, dass die auch gespritzt hätten. Beim Weiter-Raufkommen sehe ich, dass die auch ein rotes Auto haben, einen Geländewagen von der Feuerwehr! Wahrscheinlich ist's der Kommandant. Ich frage noch, ob das der Weg nach Karden sei, was bejaht wird, dann setzen sie sich ins Auto und setzen rückwärts (jedenfalls so weit ich sie sehen kann) ihre Suche nach dem richtigen Weg zu ihrer Mannschaft fort.

Mir wurde nun also von kompetenter Seite bestätigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin!?

Trotzdem verließ ich mich doch lieber auf die Markierungen, und die führten mich nun auf den Buchsbaumweg zwischen Müden und Karden. Das ist eine Besonderheit hier und gibt's nur noch einmal nördlich der Alpen: Es gibt hier ein natürliches Vorkommen von Buchsbaum. Erst nach längerem Beobachten der Pflanzen ringsum konnte ich die Büsche entdecken. Sie sind eher unscheinbar, aber doch bis mehr als zwei Meter hoch und haben keine Ähnlichkeit mit dem zugeschnittenen Buchsbaum, wie wir ihn kennen. Der Bewuchs, also nicht nur die Buchsbäume, der den Weg begleitet und überdeckt, zaubert mich in eine lange, grün-golden schimmernde Säulenhalle! Was kommt dahinter?

Es kam die Schutzhütte hoch über der Mosel und über Kaden. Und nach dem Entschluss, doch nicht die Nacht an diesem so schönen Ort zu verbringen: der fast alpine Abstieg über Felsen inmitten von üppigem Bewuchs, immer auch von Buchs, bis weiter unten plötzlich Natursteinmauern, vielleicht von aufgelassenen Weinbergen, neben dem Weg aufragten.

Dann war's nicht mehr weit, und ich kam gleich in der Nähe der romanischen Kirche – ähnlich den Kirchen in Koblenz, Lahnstein und Arnstein – in den Ort und war froh gleich ein Quartier zu bekommen.

Der Tag war doch wieder anstrengend gewesen.

Aber schön!

Siegfried

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