29
Juli
2008

Cirfontaines-en-Ornais (26. Juli)

Meine Lieben,

heute bin ich wieder ein bisschen mit meinem Pilgerschicksal versöhnt und das kam so:

Zunächst habe ich natürlich wieder im Freien geschlafen. Ich schaute kritisch die Wolken an, aber die Schwalben flogen sehr hoch, es war also in der Nacht kein Regen zu erwarten.

Regen nicht, aber Tau, da ist mir eingefallen: "... wenn süßer Tau vom Himmel fällt ..." Es hat wirklich ab und zu einen großen Tropfen gegeben, da bin ich unter das Vordach des Waschplatzes gezogen, damit mein Schlafsack nicht nass wird. Bevor ich in den Schlafsack geschlüpft bin, war ich natürlich noch ausgiebig essen und zwar mit gutem Gewissen, ich hatte ja fast schon seit einer Woche kein warmes Essen mehr zu mir genommen.

In Greux, dem Nachbarort genehmigte ich mir einen halben Liter "vin ordinaire", also den Hauswein, einen "Vogesensalat": gemischter Salat mit angebratenen Speckwürfeln drüber obenauf als Haube angemachter Frischkäse. Garniert war der Salat mit kleinen, breiten Spitztüten aus ganz dünn geschnittener Melone, die mit kleingeschnittenen Tomaten gefüllt waren. Hauptgang Steak de boef, und dann noch ein kleiner Kaffee.

Die gestrige Email an Euch hatte ich im Waschraum stehend fertiggeschrieben und dann das Gerät auch dort über Nacht aufgeladen.

Um sechs bin ich aufgestanden und bis ich alles eingepackt hatte (Gott sei Dank waren in der Nähe meines "Liegeplatzes" Tisch und Bank, mit Schlafsack und Matte ist das ja ein wenig kopliziert), gewaschen und angezogen war, war's halb acht, und ich frühstückte noch die Reste meiner Baguette, Rillette, Honig und Obst zu Wasser. Den Weg, den ich gehen musste, hätte ich auch so nehmen können, dass ich an der Bäckerei vorbeigekommen wäre. Dann hätte ich auch noch einen Kakao trinken können. Ich entschied mich dann aber doch nicht für die Bäckerei, sondern für den Waldweg, der auch ein wenig kürzer war.

Warum ich jetzt das Nebensächliche wieder so genau beschreibe? Weil wieder ein paar "Zufälligkeiten" eingetreten sind. Ich wandere zwischen Wäldern und an Waldrändern aus dem breiten Tal der Meuse, an der Domrémy liegt, bergauf heraus und kome nach Vaudeville-le-Haut. Die Kirchtürme sind jetzt anders, sie sind schlanker und haben ein flacheres Dach. Hinter dem Ort ist eine kleine Gedenkstätte mit einer Tafel "Vaudeville de Haut, Haut lieu de la resistance". Es war am ersten September 1944, dass die maquisards von Vaudeville die Deutschen angegriffen hatten und aus dem Ort vertreiben konnten.

Es geht wieder eine Stunde durch einen Wald, Rehböcke bellen und erst befürchte ich, es sind wilde Hunde und lauf ein bisschen schneller.

Im andern Ort komme ich an einem Brunnen vorbei, der läuft und der sicher Trinkwasser bietet, weil drüber steht "Eau de Dainville", also von den "Stadtwerken". Ich trinke, wasche Arme undGesicht, ich bin ja recht verschwitzt und eine blutige Stelle am Trikot, in der Gegend wo drunter das Herz schlägt, habe ich auch, da hatte ich eines der lästigen Biester im Wald erwischt.

Ein Lieferwagen kommt, er hupt, bleibt stehen. Hinten geht eine Lade auf: ein Geschäft! Auch ich eile hin und werde wegen meines Zustandes etwas reserviert beäugt.

Ich kaufe Baguette, Käse und zwei Äpfel. Jetzt kann nichts mehr passieren, nur eine Unterkunft brauch ich noch. Im nächsten Ort hatte ich geplant zu bleiben. Wieder durch einen großen Wald mit seinen Bremsen. Dann eine weite Anhöhe mit Getreidefeldern, so weit man sieht, und Mähdreschern in Aktion. Aber im Ort keine Spur von Übernachtungsangebot. Aber wenigstens sehe ich in zwei Gärten Leute beim Essen, aber fragen mag ich noch nicht. Es ist noch nicht spät, ich werd schon was finden.

Es kommt ja noch das Château de Beaupré, und ein paar kleine Seen, da ist sicher was los und zum Mindesten ein Campingplatz. Als ich an einem Wäldchen vorbei bin, ein Schild "Beaupré". Das war also das Schloss, ich hab nichts davon gesehen, und an den kleinen Seen ist auch keine Seele. Jetzt werd ich doch nervös!

Es gibt noch einen Ort "Cirfontaines-en-Ornois", hat laut Karte nur 80 Einwohner. Am Ortseingang eine Tafel, dass der Ort am Jeanne d'Arc-Weg liegt und Wandervorschläge. Macht scho mal einen guten Eindruck. Aber es gibt auch im Ort verlassene Häuser, die verfallen.

In einem Hof sitzen zwei ältere Damen im Schatten und ich frage nach Übernachtungsmöglichkeiten. Ja, sagt sie, es gäbe "Chambres d'hôtes" und die Frau im Nachberhaus mache das.

Nebenan arbeitet der Mann im Hof und ich frage. "Chantal" ruft er, und eine nette Frau kommt, der er erklärt, was ich will. Sie gibt mir die Hand. Es wird was. Gegenüber ein modernes Haus, das – was ich rausbekommen kann – der Gemeinde gehört und das 10 Gästezimmer hat, sowie eine große Küche und einen großen Gemeinschaftsraum. Ich hätte Glück, in ein paar Tagen sei alles voll. Ob ich aus Vaucouleurs angerufen hätte? Hab ich nicht .

Ihr Kommentar

Diese Seite verwendet ein CAPTCHA System. Indem Sie die Zeichen auf dem schwarzen Bild eingeben, helfen Sie SPAM zu verhindern.