29
Juni
2010

Abenberg

Heute ist ärztlich verschriebener Ruhetag. Meine Wirtin im Kaiserhof (der so heißt, nicht weil früher oder heute die Kaiser hier abgestiegen wären oder würden, sondern weil das offenbar ein ehemaliger Bauern"hof" ist, deren Eigentümer Kaiser heißen). Und die nette Wirtin hat mir ein schattiges Zimmer im alten Haus zugewiesen, das für Pilger vergesehen ist und entspchend einfach und preisgünstig ist und ich armer Pilger auf den Spuren von Thannhäuser fühle mich hier wohl und habe Zeit zum Schreiben. Ich bin in Abenberg. In meiner Karte steht als Bezeichnung für die Gegend: "Auf dem Sand". Und wie ich hierher über Feldwege gelaufen bin, lief ich tatsächlich durch hellgelben, feinen Sand wie am Meer. An Getreide-, Kartoffel-, Kürbis-, Kraut- und Spargelfeldern vorbei. Es führt hier auch ein Jakobsweg her, einer von drei fränkischen Jakobswegen, den ich aber schon in Nürnberg immer wieder verlor, der mir dann aber doch immer wieder "über den Weg lief" und wenn ich ihm bis zum lnächsten Verlieren folgte, mich auf schöne Wald- und Wiesenwege leitete. Aber noch ein bisschen zu den vergangenen Tagen. Heroldsberg, wo meine letzte Station vor Nürnberg war ist ein kleines, sehr lebendiges Städtchen. Beim Rausgehen bin ich noch extra durch die Innenstadt gegangen, weil´s dort vier Schlösser geben soll. Ein weisses, ein rotes u.s.w. Und die wurden benannt nach ihren Fensterläden. Die Schlösser wurden nicht von irgedwelchen Fürsten erbaut, sondern von einer Patrzierfamilie, die 400 Jahre lang, etwa ab 1400 n.Chr. das Gebiet als Lehen besaß. Ganz aktuell: Angela Merkel könnte Königshain-Wiederau Michael Ballack als Lehen anbieten. Der würde ihr z.B. 1Mia dafür leihen und hinfort würden alle Wiederauer-Königshainer ihre Steuern an Michael Ballack zahlen und er würde dafür sorgen dass alles gut funktioniert, in Heroldsberg funktionierte es offenbar. Ausgelöst wurde die Stadt, glaube ich nie, d.h. das Geld wurde nie zurück gezahlt. Im 19. JH fand der Staat einfach, dass es genug sei, und vorbei war's mit dem Privateigentum "Heroldsberg". Von Herolds führt ein Wander- und Fahrradweg fast bis ins Zentrum von Nürnberg. Schon in der Stadt läuft man auf romantischen Waldsteigen an kleinen Bächlein entlang und dann wieder auf von Radlern, Joggern und Kinderwagen frequentierten breiten Sandwegen am Rande der Pegnitz, die immer wieder zu kleinen Seen aufgestaut ist. Endlich glaube ich in der Stadt zu sein. Aber es zieht sich in der heißen Sonne und nun auf Fußwegen neben viel befahrenen Straßen so endlos hin dass ich mehrmals danach frage, ob ich denn wirklich auf dem Weg in die Innenstadt bin. Aber dann bin ich plötzlich drin in der Fußgängerzone. Massen von Leuten, Straßenmusikanten, Pizzaessende, Tische und Stühle die einladen zum Ausruhen. Aber ich muss zu meiner Herberge. Es ist eine privete Pension und der Mann kommt extra dort hin um mich einzulassen. Es klappt alles vorzüglich, es ist ein "Hostel" in einem alten Haus in der Nähe des "Weissen Turms" also noch am Rand der Innenstadt. Es kostet 29.- ohne Frühstück, ist aber sauber, WC und Dusche sind allerdings gemeinsam mit vier Partnern zu nutzen, es sind aber nicht alle Zimmer belegt. Für die Innenstadt von Nürnberg halte ich das für ein Schnäppchen. Nach Duschen und schön machen gehe ich aus. Und merke, dass ich nur 100m von der Jakobskirche entfernt mein Quartier habe. Und da die Deutschen so überaus gründlich sind gibt's vor der Kirche gleich dreierlei Möglichkeiten - Wegweiser - für den Weg nach Santiago de Compostela, jeder mit einer anderen Jakobsmuschel gekennzeichnet. Einer führt über Schwabach, ich werde meinen Weg morgen dorthin auf Jakobspfaden gehen. Aber erst ein bisschen Rumschauen. Vor der Elisabethkirche ist ein großes Fest der Rumänen und Siebenbürgen mit viel Musik und Essen und da bleib ich dann ein bisschen hängen. Am nächsten Morgen führt mich "mein Jakobsweg nach Schwabach zunächst zum Nürnberger Opernhaus wo ich ihn nicht mehr finde und schließlich am Bahnhof lande. Gelegenheit ein kleines Frühstück nach Pilgerart zu genießen, ich bin ja noch nüchtern und es ist Sonntag. Und so ziehe ich weiter nach Plan, Fahrradwegweisern, Gefühl und meinem blauen Googlepunkt Richtung Schwabach. Erst wieder lange durch Wohn- und Industriegebiete, in der Nähe des Hafens vorbei. Dann geht's eine schöne breite grüne, völlig gerade Schneisse entlang, in der Mitte Wiese und Spielplätze, beidseits gepflegte Sandwege. Was ist denn das? Es geht immer leicht aufwärts und oben gibt's auch noch Mauern, die die Wiese einrahmen. Ich bin ganz oben, jetzt seh ich statt der Wiese eine langgestreckte schmale Wasserfläche: Und auf einer Informationstafel lese ich: das sind die Reste des alten Ludwig-Donau-Main-Kanals. Den ließ Ludwig der Erste von Bayern etwa 1830 anlegen und so war die lange ersehnte Verbindung vom Roten Meer bis zur Nordsee geschaffen. Mit an die 80 Schleusen wurde eine Höhe von ungfähr 100 Metern überwunden, zur Donau sinds weniger, zum Main mehr. Der Kanal rentierte sich nur bis um 1880, dann hat ihm die Eisenbahn den Garaus gemacht. Und dann geht man ein bisschen weiter und steht plötzlich vor einem großen Wall. Und wenn man den hochsteigt steht man vor dem neuen Kanal. Nicht so romantisch, eher kommt er mir majestätisch vor, und als auch tatsächlich ein Lastkahn vorbeikommt, aus zwei Einheiten zusammengekoppelt, 160m lang, lese ich an der Seite, steht man wieder ganz in unserer Zeit - ein Mann im Führerhaus, ein Mann an Deck mit Handy, ein rotierender Radararm. (die Kähne auf dem alten Kanal waren von Pferden gezogen -getreidelt- worden) Und dann kommt auch noch ein riesiges Flusskreuzfahrtschiff, nicht schön, eher wie ein langgestrecktes Hotel, und das braust auf eine Brücke zu und ich bleib unwillkürlich stehen - ob das gut geht, die Brücke ist ziemlich nieder und das Schiff ist sehr hoch! Es geht. Aber viel mehr als 30cm waren nicht Platz! Schwabach. Die von mir vorgesehenen Unterkünfte waren nicht frei und so war ich froh eine Zusage in Unterreichenbach, etwa 2km weiter zu bekommen. In der sympathischen Innenstadt von Schwabach konnte ich an einem Café nicht vorbeigehen bevor ich vor Gasthäusern vorbeigehen musste vor denen viele lustige Gäste den Beginn des Spiels England-Deutschland mit Trompetenblasen begleiteten. Zwei Kilometer können lang sein, mein rechter Fuß schmerzt am Spann, aber schließlich bin ich am Ziel in Unterreichenbach. Und ich seh auch noch das letzte Tor! Der Fuß schmerzt mich nun auch während der Nacht. Ich beschließe einen Tag hier zu bleiben und einen Arzt aufzusuchen, die Bedingungen wären hier in der Umgebung von Schwabach ja nicht schlecht. Aber das Zimmer ist die nächste Nacht nicht frei und so, da ich nicht zurück gehen will, wandere ich weiter mit meinem Fuß, der sich in sein Schicksal l fügt und gelegentlich gar nicht mehr weh tut. Nur hart sind die gut 10km schon, offenbar müssen sich da noch andere Abteilungen im Körper außergewöhnlich anstrengen. Schließlich erreiche ich dann doch noch Abenberg, das mit seiner Burg schon von weitem grüßt. Ich hatte meine Herberge sicher und einen Arzttermin und bin vor lauter Begeisterung die Straße links rauf gelaufen, an der Burg vorbei und dann wieder halb runter durch ein Tor auf den Marktplatz, durch das andere Tor wieder hinaus, hinter dem die andere Strasse schnurstracks herauf führt. Ja, und jetzt sitz ich da und meinem Fuß geht's zusehens besser und ich überlege ob's nicht bequemere Alternativen zum Laufen gibt!

PS. Übrigens: In dem kleinen Ort Unterreichenbach gibt's auch eine sehr schöne kleine Jakobskirche und meinen Pass konnte ich selbst an einem kleinen Pult vor dem Pfarrhaus abstempeln. Hier in Abenberg ist auch der hl. Jakob Kirchenpatron!

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