Altenstadt
In der Zwischenzeit ist schon wieder viel - für einen Wanderer - der ich ja bin, viel passiert.
Ich habe auf dem Campingplatz wunderbar geschlafen, habe nachts den Biwaksack abgezogen obwohl ich in der Nacht glücklich gedacht hatte, es hätte leicht geregnet, weils nass war - bis ich merkte, das war innerhalb des Biwaksacks. Kondenswasser von mir.
Ich war ja schon um 8h in den Schlafsack geschlüpft und hatte vergnügt den mich umschwirrenden Fliegen und Mücken zugesehen - ich hatte das erste Mal ja mein dem Schlafsack mitgeliefertes GesichtsMückenSet verwendet, und es hat funktoniert. Allerdings verwurschtelte ich mich nachts immer wieder in die Kombination Schlafsack, Mückenschutz, Biwaksack, so dass ich nach dem zweiten nächtlichen Marsch zum WC sowohl Mückenschutz als auch Biwaksack wegtat. Und so schlief ich bis 1/2 9h!!!. Ich hatte mich nämlich vorsorglich so gelegt, dass die Morgensonne mich nicht wecken konnte.
Ich war der einzige beim Frühstück, Camper frühstücken ja normalerweise in ihrem Heim. So hatte der Wirt genügend Zeit sich mit mir zu unterhalten.
Deshalb kam ich von diesem Campingplatz später fort als von jedem anderen Nachtquartier. Erst um 10.30h!
Jetzt hieß es laufen! Erst gings aus dem Wald raus, in dem der Campingplatz liegt, dann durch ein paar Dörfer und dann musste ich einen Umweg machen, weil der Bauer, durch dessen Gehöft, der Weg laufen sollte, offenbar seine Meinung geändert hat. Da stehst dann da und liest: Betreten verboten! Bissiger Hund! Und kein Mensch zu sehen, keine Frau deren Herz man schmelzen könnte um auf die andere Seite des Bauernhofes zu kommen, wo der Weg weiter geht: Eine Stunde Umweg über einen benachbarten Ort.
Der weitere Weg durch den Wald entsprach genau den Angaben in meiner Karte, nur war er nicht markiert. Offenbar ist die Route wegen des Bauern ganz geändert worden. Und so lief ich, nach Sonne und Karte durch einen fremden Wald auf Wegen, die alle 100 Meter von einem Jägerstand bewacht waren. Ich dachte mir nur, in der Früh, wenn die Jäger auf ihren Ständen lauern, möchte ich hier nicht laufen.
So kam ich schließlich mit hängender Zunge, es war ja heiß und die Strecke war lang um kurz nach 6h in Weissenhorn an. Lange musste ich gehen Bis ich das Zentrum erreicht hatte und war überrascht. Ein gewaltiger Torturm, daneben der Kirchturm, und dahinter ein mittelgroßer Platz, gesäumt von Kirche, Torturm, Rathaus, und einem imposanten Palais das einst ein Fugger für Kaiser Maximilian erbaute, der hier nächtigen wollte (wie immer, wer´s genau wissen will, es kannn auch ein bisschen anders sein, also evt. irgendwo nachschauen!).
Und ich habe Glück, auch mein Logis ist hier. Eine Metzgerei, aber eine große Traube hängt oben. Ich hab aufgeschrieben Gasthof zur Traube. Also, aber es ist zu! Metzgerei! Nach 6 Uhr. Aber um die Ecke sind ein paar Mädchen am Putzen. Ich frag nach dem Gasthof zur Traube. Fragezeichen! Wo soll denn das sein. Ich zeig die Adresse, ja desch sem mier! Da müüset ma da Chef froga! Und ich war richtig, früher war das ein Gasthof, jetzt nur noch eine Metzgerei! Die Zimmer werden an Pensionsgäste vermietet, und ich bin einer! Ich bekomme ein Vierbettzimmer, bleibe aber allein. Nach dem Duschen höre ich viele Stimmen von der Strasse herauf. Das ist ein Abend der "Weissenhorner Rathauskonzerte" und achon viele Leute sitzen auf dem schönen Platz. Ich, hungrig, gestern Abend nichts gegessen und seitdem nur das Frühstück im Bauch, dafür um die 25km gelaufen kaufe mir ein Bier und ein Wasser und setze mich und höre den Klängen der Attenkirchener Blaskapelle zu und kann mir auch tatsächlich noch von einem Attenkirchener Mädchen eine Leberkässemmel kaufen!
Später sehe ich bei einem Italiener mit defektem Bildschirm das Spiel gegen Spanien an und falle schließlich gasättigt und totmüde ins Bett.
In der Früh werde ich vom heftgem Geläute der benachbarten Kirche geweckt und nach dem Frühstück erlebe ich dann fast noch eine ganze Messe bevor ich weiterziehe.
Erst lange auf gut ausgebauten Fahrradwegen neben einer Haiptstrasse bis in die Gegend von Vöhringen und Illertissen, dann fast zwei Stunden lang an der grünen, mit Staustufen unterbrochenen Iller entlang und landete schließlich hier, einer kleinen sonderbaren Stadt ohne Mitte, fast so wie die Dörfer in Sachsen, allerdings ist runherum alles bebaut. Und was auffallend ist, ich bin an mindestens fünf Gastwirtschaften vorbei gegangen, in denen was los ist. Auch ich hab in meinem Gasthof inmitten vion anderen Gästen sehr angenehm mich verwöhnen lassen! (ich sage nur Pfifferlinge und Spätzle!)
Jetzt sitz ich aufm Bankl an der Strasse von Illertissen nach Memmingen und höre manch wildgewordenem Schwaben beim Reifenquitschen zu.
Euer Siegfried