Merseburg (10. Mai)
Es ist Viertel vor Neun. Ich sitze am anderen Ufer der Saale und geniesse den ausgeschilderten "Saaleblick" auf Dom, Schloss und Brücke. Eine Ente eilt flussabwärts und zieht einen Keil hinter sich her, und die Amseln singen ihre Abendständchen. In der Ferne höre ich einen Kuckuck. Die Geräusche der Menschen? Autolärm, aufgeregtes Motoradgeheule...
Heute schien mir die Tour anstrengender, obwohl sie von Lützen bis hierher kürzer war als die vorhergegangenen Strecken. Vielleicht lag's daran, dass ich mehr Pausen machte. Erst machte ich Mittagspause im Gradierwerk von Bad Dürrnberg und verspeiste in der gesunden salzhaltigen Luft die von meiner Pensionswirtin mitgegebene Banane und dann schaute ich mir die Rieselflächen aus Schwarzdorn auch noch genau an.
Anders als ich geplant hatte, konnte ich ab da auf dem Saale-Radwanderweg laufen und war so ständig abseits von Straßen. So kam ich auch noch am Rüssener Hügel vorbei, der nichts als ein etwa zwei Meter hoher, begradiget Hügel ist, auf dem oben ein kleines Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs ist. Aber er hat's in sich: Man fand hier Scherben aus der Zeit von vor 6000 Jahren. Leider nicht den König im goldenen Sarg, von dem die Leute seit Hunderten von Jahren erzählen.
Gegen 4 Uhr war ich dann auf dem Entenplan, dem mir scheint belebtesten und auch schönen Platz von Merseburg. Der "Markt" ist dagegen eher trostlos.
Nach Blasenpflaster und "etwas zum Beruhigen meiner sonnengestressten Haut, was möglichst klein und leicht ist" setzte ich mich auf die Terrasse eines kleinen Restaurants, etwas erhöht über dem Entenplan. Nur noch ein Tisch war besetzt und der Wirt schaute sehr traurig. Um acht war auch ich fertig als letzter Gast. Ich erzählte dem Wirt von Italien und Frankreich, da geht's um die Zeit erst los und die Leute flanieren auf den Straßen - hier ist man ganz allein.
Ja, natürlich war ich um halb sechs auch noch im Dom für 5,50 Euro. Dafür war ich ganz allein, bekam von der freundlichen Aufsicht gute Tipps, stand so ganz allein vor dem "Heinrichsaltar" von Lucas Cranach dem Äteren und hörte auch ein bisschen die große Orgel. Sie wurde für das morgige Konzert gestimmt.
Die Amseln sind still, und auch die Frösche, die mal was hören ließen, schlafen. Nur ab und zu plätschert was im Wasser. Es ist dunkel ich wandere dem beleuchteten Dom zu. Dahinter ist meine Herberge.
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