24
Mai
2012

Seehausen (21. Mai)

Dolle, Kläden (Altmark). Osterburg, Seehausen: Beides sind Hansestädte, und natuerlich auch noch in der Altmark.

Schon wieder sind vier Tage vergangen, schnell, routiniert und mit einem erschöpften Wanderer am Abend.

Von Wolmirstedt nach Dolle wanderte ich abseits meiner geplanten Route: Ich wollte über Tangerhütte und Stendal gehen, fand da aber nichts zum Übernachten. Feiertag, Jugendweihe, alles war belegt. So entdeckte ich, auch mit Hilfe freundlicher Ratgeber: Dolle, wenigstens ein Name, den ich mir merken konnte (toll-e).

Der Weg aus Wolmirstedt führte an einem Kaliwerk vorbei, und die weiße Abraumhalde ragt weit sichtbar hoch über das flache Land. Hier werden Touren auf den Im Endzustand 120m hohen "Kalimancharo" angeboten! (5km) Man soll eine sagenhafte Fernsicht habe, kein Wunder, ist ja alles flach. Das wär doch mal was für die bergsüchtigen Sachsen!
Dolle ist ein reines Straßendorf, und die Bundesstraße geht mitten durch. Aber das kleine Hotel war sehr angenehm und ruhig und auch ziemlich voll.

Ich konnte rumrechnen wie ich wollte, Google Maps und mein GPS bemühen: Am nächsten Tag würden es an die 30km sein. Dazwischen ist nichts zu haben, und ich war froh, überhaupt eine Herberge gefunden zu haben. Und was mir daran gefiel war, dass die Alternative des Schlafens unterm Walnussbaum angeboten wurde. Soweit kams dann nicht, ich bekam ein Zimmer. Nach etwa 3-stündiger Wanderung auf einer Bundesstraße, der schöne Wald daneben durfte nicht betreten werden, militärischer Sicherheitsbereich, konnte ich endlich weg von der Straße und durchs Heideland wandern. Es war etwas anders als ich mir das vorgestellt hatte: Hauptsächlich Kiefernwälder. Eigentlich sollten hier Rotbuchen und Traubeneichen wachsen (subatlantischer Einfluss) aber seit 200 Jahren pflanzte man hier zur Holzgewinnung eben die Kiefern. Nun will man das langsam wieder ändern, weil man's nun besser weiß.

Ziemlich geschafft bin ich erst nach 5Uhr in Kläden angekommen, hatte mich zwischenzeitlich gefreut, dass ich mich in der Strecke zu meinen Ungunsten verrechnet hätte, und die Strecke 6km kürzer wäre, aber der Ort hieß halt Käthen – und da war nicht meine Herberge.

Der Pensionswirt war so lieb, mich mit einer abendlichen Brotzeit zu versorgen, sonst hätte ich auch noch hungrig ins Bett gehen müssen, es gibt halt nichts. Wir unterhielten uns über die Probleme der Region, und dass außer der flachen Natur und den Feldsteinkirchen nicht viel geboten ist. Am Morgen beim Weggehen führte er mich noch in die Kirche, er hatte extra die riesengroßen Schlüssel besorgt, und ich war über den feinen Barockaltar erstaunt. In der Kirche sah ich auch einen kleinen gläsernen Schrein, in dem 5 kleine Krönchen aufbewahrt werden. In einer Familie waren um 1880 herum 5 kleine Kinder zwischen 1 und 5 Jahren gestorben.

Das Altmärker Land: eben, aber nicht gleichförmig, immer wieder gibt es kleine Wäldchen oder Buschgruppen, wundersame Weiden an den kleinen Bächen oder gewaltige Kastanienalleen und natürlich auch Maikäfer.

Und dann kam ich nach Osterburg und heute nach Seehausen: beides stolze Hansestädte, aber klein und geprägt durch zwei bis dreistöckige hübsche Häuser. Alles überragt von den gewaltigen, weithin sichtbaren Türmen der Stadtkirchen. Wie mir in Kläden geschildert worden war, waren die wichtigen Türme der Dorfkirchen zu Zeiten der Germanisierung Fluchttürme, in die die Dorfbewohner mitsamt ihrem Vieh flohen, wenn Überfaelle durch die Slaven drohten. Eine ähnliche Funktion werden die große Türme der Stadtkirchen gehabt haben.

Heute, kurz vor Seehausen, hat mich ein netter Herr auf einen Fehler in meiner veralteten Karte hingewiesen und mir so etliche Umwege erspart. Er lud mich auch noch zu einer kleinen Rast mit -natürlich!- Wasser ein und zeigte mir seine beeindruckende Sammlung von alten Schmiedewerkzeugen und anderen Metallgegenständen. Sogar zwei Kaffeeröstapparate waren dabei. Er hat Parkinsonsche Krankheit und muss ständig Tabletten schlucken, aber er hat – anders als ich (!) – seinen Garten und seine Sammlung top in Schuss.

Noch was zur Hansestadt Seehausen: Sie ist fest in der Hand von zwei Banken: Sparkasse und Volksbank. Und die haben beschlossen, Visakarten in den Automaten nicht zu bedienen. Sowas ist mir in all den Europas die ich bis jetzt bereist habe, noch nicht passiert. Armselige Banken und Hansestadt, stolze Handelsstadt, sowas lässt du dir gefallen?



(Nachtrag vom 22. Mai) Noch was. Der Ort, in dem ich gestern von dem Herrn zur Pause eingeladen worden war, war Falkenberg, ein Wischedorf. Wischedörfer sind Straßendörfer mit weit auseinander liegenden Einzelgehöften. Sie gehörten früher zu Gütern, und so waren die Leute immer nahe beim Arbeitsplatz.

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