Wittenberge (22. Mai)
Wittenberge – hallo, ich bin jetzt in Brandenburg!
Eigentlich wollte ich, wie überall, ein bisschen was von der Stadt anschauen, aber jetzt bin ich schon durch, geduscht, liege auf der faulen Haut und lecke meine Wunden.
Mein Handy meldet mir gerade, wir hatten 84 Grad. Zum Vergleich: In Chemnitz sind's nur 75 Grad. Ihr seht, irgendwas stimmt hier nicht. Auch der Foto im Handy geht gerade nicht: Der Verschluss macht nicht auf, ich sehe also nichts. Wenn ich ihn aber ein bisschen kitzle dann macht er auf und gleich wieder zu und es machte "Klick", und ich hab ein Bild von meinem Hosenbein, hingekuschelt an ein Stuhlbein. Vielleicht gefällt's meinem iPhone nicht in meiner Hosentasche, ist zu heiß und zu schwitzig.
Nachdem ich mich heute früh mit Pflaster und Jodsalbe eingedeckt hatte, ging's los Richtung alte Landstraße nach Wittenberge. Kilometerlang schnurgerade, alles eben, und kein Bankerl um meinen Fuß zu reparieren. Aber Leitplanken. Und so kann ich endlich das Blasenpflaster, das ich auf meinen eitrigen Zeh geklebt habe, abziehen. Jetzt hat er sich beruhigt, der Zeh, aber irgendwie schaut's immer noch so aus, als brütet sich eine neue Blase aus. Schaun ma mal!
Es sind halt die ersten drei Wochen.
Etwas Schönes hab ich natürlich schon erlebt: Es ging auf einer kilometerlangen Eisenbahnbrücke über die Elbe, dann über Hafenbecken, und da paddelte eine Schulklasse mit Leibeskräften gegen den Wind. Erst die Boote mit den Mädchen, dann die mit den Buben und dazwischen das Motorboot mit dem brüllenden Lehrer. Und dann das Boot mit den uneinigen Paddlern, die zick-zack das Hafenbecken durchmaßen, ganz wie die Rentner aus München auf der Mulde.
Und noch was. Ich saß auf einem richtigen Bankerl am Rande eines kaum sichtbaren Dorfes, und da kam ein großer Vogel daher. Ich dachte: Aha, ein Kormoran! Aber der Vogel flog auf eine hohe Stange, so wie in Bayern die Maibäume, und landete auf einem Nest. Irgendetwas kleines reckte sich ihm entgegen, es wurde geklappert und dann bog der grosse Vogel seinen Kopf ganz nach hinten, so dass der Hals ein "O" bildete. Sowas sieht und hört der alte Siegfried zum ersten Mal und wird's nicht mehr vergessen.