Tvååker (25. Juni)
Hallo, endlich melde ich mich mal wieder.
Es ist in der Zwischenzeit nichts Besonderes passiert, aber immerhin so viel, dass ich nicht zum Schreiben gekommen bin. Helsingborg hat mir sehr gut gefallen. Nach einer langen morgendlichen Wanderung durch die Vorstädte ging's dann wieder durch die Natur, auf Radwegen neben den Hauptstraßen, auf den verbreiterten Seitenstreifen, selten auf Wegen abseits der großen Straßen.
In Ångelholm erwartete mich eine interessierte Gastgeberin in einem liebevoll renoviertem kleinen Haus. Zum Abendessen ging ich auf den hübschen Marktplatz, auf dem viel los war, laute Musik, Biergartenstimmung. Selbstbedienung. Und ich sollte um 300Kronen (rund 31€) betrogen werden. Ich reklamierte und der Kassierer gab ohne Widerrede aber mit saurer Miene den richtigen Betrag heraus. Doch da schon hatte mein schwedenfreundliches Herz einen Riss bekommen. Beim Fußballspiel Frankreich-Schweden, das auf einem großen Bildschirm den Platz beherrschte, stand ich deshalb leidenschaftlich auf Frankreichs Seite, zeigte das aber aus Sicherheitsgründen natürlich nicht. Aber auch die Schweden zeigten keine Gefühlsregungen, kein Aufschrei, keine heftige Diskussion. Für was die beiden Polizisten da standen, ist mir ein Rätsel. Wie ich am nächsten Morgen erfuhr, hatten die Schweden gewonnen, aber es war in der Nacht ruhig geblieben. Wenn ich mir vorstelle, was unsere Fans in diesem Fall für ein Theater machen...
Am nächsten Tag hatte ich wenig zu laufen um kam auch wieder ans Meer, es ist, glaube ich, immer noch der Sund. Ein breiter gelber Sandstrand, fast keine Leute und ich deponiere meinen Rucksack an einem Tisch am Rand zu den Duenen um mein Mittagslager aufzuschlagen. Kaum habe ich mich ein paar Meter vom Tisch entfernt, um mich ein bisschen umzusehen, braust ein Auto über den Strand daher - es ist nicht das einzige, viele sind mit dem Auto da, hält nahe bei der Bank, ein Vater mit Esskorb, zwei Buben mit Schaufeln bevölkern die Umgebung meines Tisches. Der Korb wird vor meinen Rucksack auf den Tisch gestellt, dazu noch ein Teller mit Pfannkuchen. Kinder und Vater schaufeln in einiger Entfernung den Strand um.
Was soll ich tun. Die Gaben als Geschenk des Himmels annehmen, mich hinsetzen um köstlich laben? Nein, ich bring es nicht übers Herz und bin zu schissrig dafür. Ich nehme meinen Rucksack und ziehe von dannen. Aber mein Herz hat einen zweiten (2.) Schwedenriss bekommen! Wenigstens "Hej" hätte der Vater sagen können und eine Andeutung einer Frage ob's mir recht ist...
Ich lag dann auf dem Weiten Strand genießerisch in der Sonne, hatte sogar überlegt wie ich unauffällig meine Badehose anziehen könnte, – ich falle in meinem Aufzug ja gar nicht auf am Strand, alles schaut auffällig oder unauffällig zu mir – hatte es aber nach ein bisschen waten im badewannenwarmen Wasser am Rand aufgegeben: Das Wasser war am Ufer schwarz-schlickig und wenig einladend. Zwei Mädchen, die ich später hinauswaten sah, konnten zweihundert Meter laufen und noch immer sah ich ihre Knie, dann kamen sie wieder zurück.
Das war am Mellbystrand, dort übernachtete ich im Vandrarhem und bekam als einziger sichtbarer Gast vom hocherfreuten Koch und Ober ein exzellentes Abendessen. Ich war, auch wegen der netten Gastgeberin, wieder mit den Schweden versöhnt, obwohl m. E. beide keine Schweden waren.
In Båstad gabs dafür zum Abendessen Pizza beim Schnelldienst, aber sie schmeckte und langsam lerne ich auch aus der Dose zu trinken - aber doch nicht ganz so perfekt, in einem anderen Pizzaauslieferungsbetrieb, es war in Halmstad, brachte man mir mitleidig ein Glas.... Und der "Wirt" wollte mir die 5 Kronen schenken, die er nicht rausgeben konnte. Ich war schon wieder mit den Schweden versöhnt, obwohl auch der "Wirt" kein Schwede war.
Ich hab natürlich auch wirkliche Schweden getroffen, meistens nette Schwedinnen, aber davon ein anderes Mal.
Ich bin heute in Regen und Sturm von Falkenberg nach Tvååker 20 km gelaufen und morgen wird's wieder soviel bei hoffentlich weniger Regen. Gute Nacht!