Tretten: Glomstad gard
Jetzt sitze ich, hoch über dem Fluss , der hier eher wie ein langgestreckter See aussieht, in der Abendsonne auf einem Bankerl vor Glomstad Gard.
Der Gard war früher sicher ein Bauernhof, jetzt ist er eine Pension, ein Pensionat, wie's hier heißt. Und hier sind auch einige Gaeste da.
Das Abendessen war als Büffet angeboten. Als ich um halb Sechs hier ankam und mich auch zum Essen anmeldete, sagte die Chefin "Essen ist um Sechs! Hopp eine Blitzdusche". Und das war ernst gemeint. Denn um sieben wurde schon wieder abgeräumt. Nicht lang sitzen bleiben und genießen.
Das hier ist jetzt, wie die letzten zwei, eine Herberge auch für "Pilger". Aber keiner ist da - außer einem. Und eine Frau ist da die so bucklig und steif geht, wie ich es von meinen Gefährtinnen kenne, in den ersten Tagen nach Beginn der Wanderei. Aber die hier hat einen Mann dabei, der gar nicht als Pilger vorstellbar ist. Ist also nicht. Meine Gastwirtin sagte mir im Mai seien mehr Pilger gekommen. Jetzt sei gar nichts los.
Heute waren's wieder über 20km. Über die Hälfte in unterschiedlichstem Gelände. Einmal versank ich am Zugang zu einer Wiese, da wo Kühe und Pilger den gleichen Weg haben bis zum Stiefelschaft in einer Mischung aus schwarzem Morast mit Kuhdung. Das Erfreuliche dabei, die Füße blieben trocken. Bei meinen alten Schuhen wäre ich den ganzen restlichen Tag in einem nachhaltig-biologischen Fußbad rumgelaufen. Hätte mir aber vielleicht gut getan.
Gestern habe ich Euch geschrieben im Fuehrer stünde, man müsse mehrmals über Kletterstiegen steigen. Ich hatte an eine Art norwegische Klettersteige gedacht, so eine Art Stiegen an steilen Felswänden und mir schon überlegt wie ich die ueberwinden könnte. Und was waren's? Konstruktionen die das Ueberklettern der Weidezaeune ermöglichen.
Eine Dame mit Herrn am Straßenrand, der Herr einen Apfel kauend, die Dame an mir interessiert. Spricht reines Norwegisch, ich reines Englisch. Sie macht ein Photo von mir, ich erkläre ihr "Oslo>Trondheim" und zeige ihr eine gerade anwesende Markierung. Einige Zeit später an einer Abzweigung mit einer Markierung zu einer Herberge und zum weiteren Weg den ich gerade einschlage, höre ich hinter mir ein Auto, dann ein Hallo, dann kommt mir die Frau nachgeeilt. Sie zeigt mir ganz stolz die Markierung zur Herberge und nur schwer kann ich sie überzeugen, dass ich der anderen Markierung folgen muss.
Und so gehe ich noch eine Stunde weiter bis hier her. Und immer bergauf. Ich bin überzeugt, auf keiner meiner bisherigen Wanderungen habe ich so viel geschwitzt. Ich gehe immer weit über dem Fluss etwa im oberen Drittel der umliegenden Berge,(500-600m) ich weiß nicht wie man da immer noch weiter steigen kann: das ist wohl das Rätsel des "Hohen Nordens"?
Die Landschaft verändert sich, das Tal wird enger, die um die 600m hohen Berge sind zum großen Teil mit dunklen Nadelwäldern bedeckt. Die Weideflächen dazwischen werden kleiner.
Der Fluss ist breit wie ein See, dann ist er wieder so schmal, dass ich ihn von oben nicht mehr sehen kann zwischen den Bäumen. Aber einmal sah ich von oben das sprudelnde Wasser. Zum See wird der Fluss gestaut wenn das Tal enger wird durch natürliche Stromschnellen.
Auch ein interessantes Detail sah ich: Biberziegel aus Schiefer! Sah von weitem wie ein Biber-Ziegeldach aus aber funkelte geheimnisvoll wie es nur Quarzitschiefer kann. Leider nur ein altes Dach auf einem verfallendem Schuppen.
Mitten im Wald passierte ich ein Steinzeitliches Gräberfeld mit vier Grabhügeln. Das interessanteste war dabei die Informationstafel. Die Grabhügel waren ueberwachsen und könnten auch einfach so da sein, also natürliche geologische Ursachen haben. Doch die Vorstellung, dass da wo ich nun stehe, vor 5000 Jahren Menschen wie wir gestanden haben und wie wir um ihre Lieben geweint haben macht den Platz zu einem Weiheplatz. Wie schön ist doch die Idee, dass Grabstellen die Orte sind wo die dahingegangenen lieben Menschen uns am nächsten sind. Denn warum sollte es sonst seit es Menschen gibt, diesen Kult um die Gräber geben.
Alors ma chérie, je suis fatigué aujourd'hui. Mais on peut penser. Et on pense aussi et beaucoup à toi.