Dovre, Dovreskogen
Frisch geduscht, Kaffee und Kuchen nachmittags und gerade ein Abendessen. Und jetzt sitz ich da im Sessel, die Beine auf einem Stuhl. So schoen kann das Leben sein.
Aber das andere Leben ist auch schön.
Wenn ich nachdenke: vorgestern kam ich spätnachmittags auf dem Campingplatz in Sjoa an, musste noch 500m zum Einkaufen laufen und hatte dann nur was Kaltes zu Abend und am Morgen.
Gestern war's aehnlich, nur konnte ich mich da nicht einmal Duschen und schlief einsam und allein in einem in einem grasbedeckten Blockhaus in einem Geisterdorf.
Kein Waschen, kein Zähneputzen, denn es regnete und der Wasserhahn war im Freien. Mit einem Energy-Drink war auch das Fruehstueck genossen. Wieder weiter.
Vor der Kirche in Sel, wo der weitere Weg vorbei fuehrt, steht eine schoene Plastik der fiktiven Kirstin Lavransdatter, einer Romanfigur von Sigrid Undset. Dieser Roman ist in den 90er Jahren verfilmt worden und dazu war das Dorf in dem ich schlief als Kulisse errichtet worden. Jetzt gibt es dort Freiluftauffuehrungen und Events und es koennen auch so Leute wie ich, Pilger genannt, gegen einen Obulos uebernachten. (www.jorundgard.no).
Mein Fuehrer empfahl mir, die Sigrid Undset Vei zu gehen und glatt lief ich in die Richtung eines falschen Tales. Ich ging zurueck, kontrollierte und berichtigte und landete in einem Schulhof. Eine Kindergaertnerin wies dem verirrten Siegfried den richtigen Weg. Und es ging in den Wald hinein an eine steile Boeschung ueber den Lågan, der hier in einer engen felsigen Klamm tobte. Bergauf, bergab auf einem schmalen Pfad, manchmal überhohe Steinstufen die ich, mich an Bäume klammernd mit meinen kurzen Beinen erklimme, manchmal, ja hier sind sie, Holztreppen an steilen Felsabhängen. So braucht man für einen Kilometer gerne mal eine Stunde und ist beschäftigt und hoch konzentriert, dass mans schadlos überlebt.
Dann schöne Waldwege wie im Erzgebirge, wenig Aussicht weil das Tal eng und der Gegenhang nah ist.
Dann ein Olavswegwegweiser der Rätsel aufgibt weil er in zwei verschiedene Richtungen weist, aber auch ein Zettelkasten mit mindestens 50 Informationsblättern für Pilger.
Auf den Zetteln steht nichts Neues aber das auf Norwegisch.
Das Rätsel mit den zwei Richtungspfeilen ist damit nicht gelöst. Ich gehe davon aus, der linke weist auf den Zettelkasten, der rechte den Weg. Und irgendwie stimmt das. Nach einer unklaren Kreuzung kommt wieder eine Markierung und die führt direkt auf die schon bekannte E5, hier mit besonders schmalem Seitenstreifen.
Nach ein paar hundert Metern ein mit Plastikfolie umbundener Markierungspfosten, auf der anderen Strasse einer mit Plastikhalsband. Ich deute dies so, dass ganz eifrige andere Pilger ihre Nachfolger aufmerksam machen wollten. Nach mehreren hundert Metern lande ich in einem Hof. Zurück gehen. Feststellen, der Weg ist wegen einer Baustelle gesperrt. Weiter auf der E5. (Und jetzt noch grüble ich, vielleicht wäre doch der andere Pfeil der richtige gewesen...)
Ich erzähle das, weil auch das beim Wandern beschäftigt und wichtig ist. Es ist nicht immer schön. Aber es gehört dazu, wie im richtigen Leben die glücklichen Tage und die schmerzhaften, die erfolgreichen Stunden und die voller Versagen.
Das ist bei dem Fernwandern so schön. Das sich Zurecht Finden Müssen mit den Gegebenheiten. Nur wenig ist sicher. Heute zum Beispiel hatte ich keine Zusage zur Übernachtung bekommen. Es ist ein Motel, was ich nicht wusste. Die hielten es nicht für noetig, ich allerdings überlegte schon Alternativen.
Heute hat's den ganzen Tag getröpfelt und jetzt regnet es wieder. Und wenn ich nachdenklich über meinen Kopf streiche, spüre ich ein paar Schrammen. Die Durchgänge im Middelaldergard waren schon sehr niedrig.
Alors ma chère copine. La nuit passée c'était un moustique qui bourdonne rond de ma tête. Mais il ne picotait pas. Et je pensais à toi.