Wanderung unter den Kreidefelsen
von Sassnitz aus
Auf dem Weg nach Hause (29. Oktober)
Ich sitz im TGV, dem französichen Superschnellzug, in den ich heute früh in Dax eingestiegen bin.
Gestern war ich bei strömendem Regen in Lourdes und habe zum Abschluß meiner Pilgerreise die Quelle besucht, die Bernadette Soubirou auf Geheiß der Gottesmutter freigelegt hat. Viele Menschen aus aller Welt pilgern dorthin und hoffen auf Heilung, wie schon vielen geholfen worden ist.
Mich hat ein baskisches Ehepaar, das ich auf dem Camino kennen gelernt habe, eingeladen bei ihnen zu wohnen. Und so kam ich von Santiago mit dem Zug nach ... (wird nachgetragen), aß eine sehr gute baskische Gemüsesuppe und noch manch anderes mehr, trank hausgemachten Paxeran (hört, hört), schlief bis um acht und wurde mit dem Auto ins 100km entfernte Lourdes gefahren. Zweimal waren wir an der Quelle, in meiner Flasche habe ich nun l'Eau de Lourdes!
Heute wurde ich eine Stunde zum Bahnhof nach Dax gefahren und seit 9.00h ungefähr sitz ich im TGV. Mittags mußte ich in Paris umsteigen und weil auch der Bahnhof zu wechseln war: Gare Paris-Montparnasse zur Gare Paris-Est, kam ich auch noch zum Metro fahren!
Alles viel Aufregung für so ein Landei wie mich, wobei mir auch München (nennt sich ja selber gern "Millionendorf") noch recht ländlich und klein vorkommt im Vergleich zu Paris!
Allerdings habe ich von Paris nur die Unterwelt gesehen, schwer bepackt, keine Hand frei, bin auf Rolltreppen und Förderbändern gestanden und bin schließlich doch rechtzeitig im anderen Bahnhof vor dem richtigen Zug gestanden.
Paris habe ich also nur in der Bahnfahrerperspektive gesehen, da gab's hohe und sehr moderne Häuser, unzählige Gleise, Masten, ein Netz von Oberleitungen zwischen mir und dem grauen Himmel, manchmal einen weiten Durchblick, der Schönes erahnen lies, aber keinen Eifelturm, keine Kathedrale Notre Dame, keine Seine! Ein Grund weiter davon zu träumen!
Bald bin ich in München. Die Reise ist zu Ende.
Ein bißchen werde ich dann noch von Santiago schreiben, ich war einfach nicht dazu gekommen, ein bißchen von den Freunden des Weges und dann ist dieser erlebte Traum zu Ende!
Siegfried
Abfahrt nach Hendaye (27. Oktober, 9.04h)
Rückblick: 22.Oktober 15.00h Santiago - Ankunft an der Kathedrale
Von Santa Irene nach Santiago waren es 24km, die aber für einen Pilger, der um die 3000km hinter sich hat, kein Problem sind. Es ging wieder einige Male bergauf und bergab und hinter jedem neuen Hügel hoffte ich Santiago zu sehen. Die Pflanzen waren hier fast wie in der Heide oder auch wie in einer gewissen Höhe in den Alpen, eher karges, trockenes Land, sandiger Boden. Ginster und kleine stachelige Sträucher, vieles gelb blühend, auch die blau blühenden Herbstkrokusse gab es hier wieder. Die Dörfer wurden auch wieder anders, freundlicher, die Häuser heller, weiß gestrichener Verputz, farbige, oft grell blaue Fensterläden.
Und jetzt, am 24. Oktober, saß ich noch, nachdem ich von Fisterra mit dem Bus gegen 10.00h abends zurück gekommen war, bei einem Glas Rotwein und einem Tiramisu, mit den Franzosen in einem schönen Jugendstil-Café zusammen. In einer anderen Runde saßen die englischsprechenden. Ein Großteil der Leute reist morgen nach Hause zurück. Manche werde ich wohl nie mehr sehen, mit vielen habe ich Adressen getauscht.
Beim Abschied von in den letzten Wochen liebgewonnenen Menschen wurden manche Augen feucht!
Fisterra (24. Oktober)
Abends:
Ich sitze hier auf einem Felsen am westlichsten Punkt unseres Kontinents, "am Ende der Welt".
Auf dem halbstündigen Weg von Fisterra hierher habe ich noch einige Freunde getroffen und Abschied genommen: Francis mit den anderen Franzosen und dem Kanadier, Xavier den Franzosen, Dany einen Kanadier, Rosemarie, zwei Berliner, Sophie eine junge Engländerin, vormittags im Bus die zwei Schweizer mit dem Wägelchen und einen Berliner, der neben mir saß. Und jetzt hat sich grade auch noch Chris, Ihr wißt schon, die die ich einmal für eine Irin hielt neben mich gesetzt und wir haben auf dem Felsen, auf dem ich sitze, Abschied genommen.
Das Meer ist ruhig und glitzert alle Augenblicke verschieden in der langsam sich neigenden Sonne, von unten höre ich die Brandung.
Es ist feierlich wie in einer der gewaltigen Kirchen, die ich besucht habe, nur unendlicher und unbegreiflicher.
Mir ist wehmütig ums Herz wegen der vielen Abschiede von lieb gewonnenen Menschen, von diesen schönen Landschaften, den zauberhaften Städten und Dörfern auf dem ganzen Camino und auch von dem Lebensstil, der mir vom Weg aufgezwungen wurde.
Aber ich freue mich auch wieder aufs Heimkommen. Auf die lieben Menschen daheim, auf unsere schönen Landschaften und Dörfer und Städte, auf das gleiche Bett jeden Tag, aufs gleiche Klo jeden Tag, aufn Garten, aufs Baby...
Siegfried
Mittags:
Das ist jetzt kein besonderes Bild, aber für mich ist's ja kein Bild sondern Realität und vor der sitz ich jetzt und das Wasser läuft mir im Munde zusammen.
Ja, ich bin heute mit dem Bus nach Fisterra gefahren und da sitz ich jetzt und esse meine Fischsuppe und anschließend einen Merluza und dann trink ich einen kleinen Cafe und zum Essen einen Ribbeiro.
Und jetzt geht's los.
Siegfried
Santiago de Compostela (22. Oktober)
Er ist angekommen.
Siegfried ist kurz vor 15 Uhr in Santiago de Compostela eingetroffen. Er ist wohlauf und sehr glücklich. Er wird noch bis Sonntag Abend dort bleiben.
Bin heute um 14.45 h das erste Mal vor der Kathedrale in Santiago gestanden!
Ein großes Fest! Am Schluß war Chris mit mir gegangen.
Freunde, die ich unterwegs verloren hatte, weil sie schneller waren, haben mich begrüßt.
Ich hab vergessen ein Foto zu machen! Morgen um 12.00h ist die große Messe!
Mehr Morgen!
Siegfried