Cluis (20. August)
Anm. d. Red.: Noch kein Bericht verfügbar.
La Châtre (19. August)
Heute sind wir von Le Châtelet aus 32km gelaufen.
Wir sind wieder drei. Einen älteren Pilger, etwa in dem Alter von mir, Jacky, haben wir in der privaten Herberge von gestern getroffen. Er hatte ursprünglich die Wanderwege gehen wollen, die, wie Ihr von meinen Beschreibungen der Wanderwege in Deutschland her ja ausgiebing kennt, mordsumständlich geführt sind und für Pilger, die ein weit entferntes Ziel haben, nicht sinnvoll sind.
Wir drei sind also in der früh bei strömendem Regen losgegangen, immer so in viertelstündigem Abstand. Erst Corinne, dann Jacky, schließlich ich, von wegen des ausgiebigen Frühstücks. Ich dachte ich würde Jacky nie wiedersehen.
In Châteaumeillant stehe ich gegenüber der großen, wuchtigen Kirche bei einem Briefkasten und schreibe grade noch ein paar Zeilen auf eine Karte, als ich "Siegfried" hörte. Es waren die beiden. Sie hatten sich auf der Strecke getroffen und sind gemeinsam weiter gegangen. Hier aßen und tranken sie etwas. Ich hatte viel Obst dabei, kehrte also nicht ein, sondern aß meine Banane und eine Orange auf unter einem Dach.
Immer wieder regnete es, manchmal schauerartig, manchmal ein bißchen, aber fast ständig mußte man die Kaputze auf dem Kopf haben. Erst am späteren Nachmittag konnte ich die Regenjacke ausziehen.
Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich. Die Felder sind durch Hecken unterteilt und Wiesen mit weidenden weißen Rindern, Stieren und Kühen wechseln sich mit abgemähten Getreidefeldern, umgeackerten Feldern und großen Sonnenblumenfeldern ab. Die Sonnenblumen sind jetzt schon reif und lassen ihre Köpfe hängen.
So sehe ich das Jahr auf meiner Wanderung vergehen...
Siegfried
Le Châtelet (18. August)
In unserer letzten Herberge sind wir mit einem ganz besonders guten Frühstück verabschiedet worden: Obstsalat!
Und so frisch gestärkt gingen erst Corinne, dann eine halbe Stunde später ich weiter. David hatte einen schweren Kopf, weil er am abend vorher zu Besuch bei Bekannten war. Er wird auch möglicherweise heute abend nicht zu uns stoßen, sondern im Zelt übernachten.
24 km, um 9.00h weggegangen, um 16 Uhr kam ich in der Gite in Le Châtelet an.
Es ist eine private Gite, Corinne ist schon da und auch ein Mann, etwa in meinem Alter.
Nach dem Duschen verkünde ich: je fait la cuisine! (ich mache die Küche!).
Dazu mußte ich erst mal zum "intermarché" marschieren, der einen Kilometer weit entfernt ist. Aber einen Pilger, der gerade 24km gelaufen ist, und der Hunger hat, schreckt das nicht! Nur sollte auch ich langsam begreifen, dass ich hungrig nicht einkaufen sollte. Es war halt wieder zu viel, und ich mußte das alles, auch je eine Flasche Cidre und Rotwein ja wieder zurückschleppen. Aber ich überraschte dann doch mit meinen Kochkünsten und das tat mir gut.
Als Vorspeise gabs Paté campagnard, dann einen gemischten Salat mit Tomate, Paprikaschote, Endivien und Orange, in Ermangelung von Essig und Öl mit Zitrone, Honig und Butter angemacht angemacht, darauf Schweineschnitzel naturell mit Kartoffelpüree und Erbsen aus der Dose. Corinne war ganz überrascht, dass ich das Püree frisch gemacht habe, sie kauft das immer in der Tüte. Da wir nur wenig Salz und Pfeffer hatten, es fehlte einfach in der Gîte-Küche, schmeckte alles etwas apart, d.h. sehr natürlich, wenn man's positiv ausdrücken will.
Die andern sind jetzt schon ins Bett gegangen, ich sitz noch da, um meinen Rotwein auszutrinken und höre im Dunkeln sonderbare Naturgeräusche um mich. So ähnlich wie wenn Katzen sich anfauchen, aber das ist es nicht.
Auch die Wäsche, so ein Pilger hat ja allerhand ganz Diesseitiges zu tun, damit er nicht verdreckt, muß ich noch reinholen.
Da braucht Ihr Euch nicht zu wundern, dass ich oft nicht zum Schreiben komme, aber ich hab mir vorgenommen, alles, soweit es möglich ist nachzuholen...
Saint-Amand-Montront (17. August)
Viele Grüsse aus Saint-Amand-Montront, wo ich grade einen Café au lait getrunken habe. In einer knappen Stunde bin ich in der reservierten Herberge.
Siegfried
Ainay le Château (16. August)
Hallo ihr Lieben,
Heute sind wir wieder um die 20km gelaufen. Aber erst am Morgen waren wir sicher, dass wir hier eine Unterkunft finden würden. Corinne hatte nämlich gestern schon bei der im Führer angegebenen Herberge hier in diesem Ort angerufen, und erfahren, dass wegen eines Todesfalles in der Familie niemand aufgenommen werden könne.
Dazu muß ich sagen, dass eine Art der Herbergen privat ist, von Idealisten, die für wenig Geld den Jakobspilgern einfache Unterkünfte bereit stellen. Dazu braucht man dann den Pilgerpass, damit auch sicher gestellt ist, dass nicht andere Personen diese Angebote mißbrauchen.
Vorgestern waren wir ja auch in so einer privaten Herberge und jeder hatte für die Übernachtung, Abendessen und Frühstück nur 20€ bezahlen müssen. Man kann natürlich auch mehr geben. Der Betrag wird in eine Schale gelegt, also nicht kassiert. Insofern könnte natürlich jemand auch weniger geben, aber ich glaube kaum, dass das einmal vorkommt.
Dann hatte Corinne aber die Auskunft bekommen, dass hier Deutsche seien, die Zimmer vermieteten. Heute früh erreichte sie die Leute und gab mir das Telefon, damit ich verhandle. Zunächst sagte der Mann, es sei alles belegt, als ich sagte, wir seien Pilger. Ich glaube manche Leute schreckt das eben ab, weil sie meinen, man wolle etwas umsonst – eigentlich wollten wir das schon, aber dieser Zahn ist uns schon lange gerissen worden – und ich sagte ihm, dass wir bezahlen würden und auch mit dem Boden zufrieden wären.
Und so bekamenwir die Unterkunft und schlafen im Obergeschoß eines malerischen Turmes eines alten Anwesens. Diese Deutschen, kennengelernt habe ich bis jetzt nur den schwer gehbehinderten Sohn und seine Mutter, haben dieses Anwesen auch als Austrag erworben, wie wir unser Wiederau.
Hoch geht es über eine enge gewendelte Steintreppe, was für einen Wanderer, der gerade 20km gelaufen ist, mit dem Rucksack nochmals eine echte Herausforderung ist, aber nach dem Duschen sind dann selbst nochmal um die 2km bis zur einzigen Essgelegenheit weit und breit, einer Pizzeria, wieder erträglich.
Und so grüßt Euch jetzt
Euer Siegfried
– wohlgesättigt, aber dennoch einem Dessert – heiße Vanillesauce (creme anglaise), darin ein Stück Schokoladenkuchen, gekrönt von einer Vanilleeiskugel – nicht widerstehen könnend, mit frohem Pilgergruß!
PS: Beim Weggehen wog ich 72kg, heute 67kg! Da darf ich doch unbeschwert genießen, oder?