22
Juli
2008

Vandières (20. Juli)

Geschrieben von Siegfried | Kommentare: 2

Manchmal denke ich, es würde Euch und mir irgendwann langweilig werden, wenn ich immer nur von meiner Wanderung schreibe und dann bin ich selbst überrascht was man an so einem Tag, der so ganz gewöhnlich anfängt, alles erleben kann.

Als Ihr heute am Sonntag möglicherweise noch alle im Bett gelegen seid, um Euch für einen neuen Arbeitstag zu stärken, oder, was ich eher annehme, weil Ihr zu faul wart aufzustehen, ging ich schon unternehmungslustig zum Frühstück im Grand Hôtel de Metz. Und nach Kakao, Kaffee, Baguette mit Schinken, Wurst und Käse, Croissant mit Marmelade, Müsli mit Creme fraiche und Honig und einem Pain au Chocolat sowie einem Glas Orangensaft fühlte ich mich gestärkt mir den Rucksack aufzubürden und los zu wandern (geht mal hungrig ins Bett und freut Euch morgens auf so ein Frühstück, dann steht Ihr ganz sicher auch früher auf!).

Mein Weg zur Mosel, wo der markierte Wanderweg beginnt, führte mich an der Kathedrale vorbei und ich wußte, dass um 9.00h Messe ist. Nicht die Schwalbennestorgel wurde gespielt, sondern die moderne Orgel im rechten Flügel der Vierung. Bei Wechselgesängen ging der Vorsänger im roten Talar ans Pult und dirigierte mit großen Bewegungen des linken Armes und der linken Hand den Gesang der Gemeinde. Diese Gesänge kenne ich schon aus München, sie sind zeitweise in der Zeit meiner Jugend in unserer Pfarrei gesungen worden, sie sind melodischer als die heute in unseren Kirchen gesungenen. Im Gottesdienst erst erlebt man so einen Raum, wie er von seinen Erbauern und Gestaltern, auch den modernen, – Altar, Ambo, Kreuz, Kerzenleuchter und Sitze sind von einem Schweizer Designer entworfen, – gedacht ist. Beim Friedensgruß hat mir ein Araber die Hand gedrückt.

Um 10.00h machte ich mich bei Glockengeläut auf den Weg. An der Mosel, auf der linken Seite (moselabwärts gesehen die rechte Seite!), beginnt der Wanderweg nach Nancy, der auch mein Weg ist. Es sind schon viele Lebewesen unterwegs: Spaziergänger, Radfahrer, Jogger, Schwäne, Leute mit Hunden.

Irgendwann geht's über eine Brücke und da wäre ich plötzlich nicht mehr an der Seite, sondern zwischen irgendwelchen Armen der Mosel. Ich studiere meine Karte. Ein Ehepaar spricht mich an, es geht tatsächlich zwischen Kanal und Mosel weiter. Nach einiger Zeit bleibt das Ehepaar stehen, sie waren schneller als ich, und erklären mir nochmals den Weg. Nun nehmen sie mich in die Mitte, damit ich ja nicht falsch laufe und weiter geht's. Die Frau erklärt mir, sie gingen jeden Morgen diesen Weg nach Metz und zurück, sonst bekäme sie so einen "bouche" und sie formt den möglichen Umfang ihres Bauches mit den Händen in die Luft.
An einer Stelle wo ich mich nach ihrer Meinung nicht mehr verlaufen kann, entlassen mich die beiden und wir nehmen herzlich Abschied. Sie gehen nach Hause, ich gegen Süden.

Ich gehe immer weiter am Kanal entlang und entschließe mich an einer besonders schönen Stelle ein Foto zu machen. Ein Jogger kommt entgegen. Schnauft ziemlich erschöpft, bleibt stehen und kommt zu mir. Er sei der "président" des Weges von Nancy nach Metz und wenn ich immer den gelben Markierungen nach ginge käme ich sicher auf den .....-Platz in Nancy.

Er läuft weiter, ich gehe weiter, jeder in seine Richtung. Wenn ich der Sprache besser mächtig wäre, hätten wir sicher einiges diskutieren können. Obwohl, das muß ich sagen, der Weg von Metz nach Nancy sehr gut und ausreichend mit einem gelben und ockerfarbenem Streifen gekennzeichnet ist. Aber wie sich die das mit den Übernachtungen vorgestellt haben möchte ich gerne wissen. Ein normaler Mensch müßte auf dieser Strecke mindestens 3x übernachten, aber es gibt offenbar keine Angebote; aber lassen wir das Sinnieren, die Praxis ist mein Metier.

Mit Hilfe der Recherchen von Geneviève wußte ich, dass in Pont à Mousson ein Hotel ist, sonst war unterwegs nichts zu finden. Also war Pont à Mousson das Tagesziel.

Wie überrascht war ich, als ich in Vandières, hier wo ich jetzt sitze, eine Auberge sah, die auch Pension anbot. Und auf dem Schild steht auch noch "Gasthaus"!

Da ging ich hinein, es war noch 5km bis Pont à Mousson, die konnte ich mir so heute sparen.
Eine Theke, ein gut gebauter jüngerer Mann, so der Typ Thorsten hinter der Theke, lautstark mit den Männern vor der Theke diskutierend. Ich bringe meinen Wunsch dezent, zwischen den Männern an der Theke stehend, – meine Stimme ist nach der Einsamkeit der Wanderung eher weggetreten, spirituell, – vor. Er, der Herr hinter der Theke schaut einen gemütlichen Herrn, etwas rundlich, im weissen Trikot, mit wallendem weissen Bart an, der nickt: ich bekomme das Zimmer. Jetzt kenne ich offensichtlich den Papa auch.
Ich werde gefragt ob ich auch zu Abend essen will und zu welcher Zeit. Maman! ruft der Juniorchef und die Zeit wird mit Maman abgestimmt.

Oft höre ich noch den Ruf "Maman", die Mama ist offenbar die Drehscheibe des Betriebes. Und da gibt's noch eine stille, freundliche Frau in einem orangefarbenem Kleid. Sie seviert, ist mal hinter der Theke, rechnet mit Gästen ab, offenbar die Juniorchefin mit dem nötigen Humor, wenn ich bei einem Maman-Ruf aufschaue lächelt sie mir vielsagend zu.
Es ist auch viel Betrieb. Im Saal gibt es eine große Familienfeier. Und die Kinder, die laufen können spielen verstecken und manchmal ist auch mein Tisch ein Versteck.
Gegen 1/2 9h schließlich ist die Familienfeier zu Ende und ich und weitere Pensionsgäste bekommen ihr Diner.

Aber erst muß ich ein Bier trinken, vom Haus gestiftet, und dann trink ich noch eins, wie sich bei der Abrechnung herausstellt, auch gestiftet. Übernachung mit Frühstück und Diner, das werd ich noch beschreiben, kosten "tout complet" 44€. Mit Wein und ein paar Extras hab ich dann etwas über 50€ bezahlt.

Vom Bier und der langen Wanderung, es waren ja doch knapp 30km, leicht beduselt, werde ich auf mein Zimmer für diese Nacht geleitet. Ein großer Raum mit Stuck an der Decke, in der Mitte eine Stuckrosette, in der ehemals der Kronleuchter aufgehängt war. Ein überbreites Bett, mit farbig gemusterter Tagesdecke zugedeckt. Darunter ist eine Decke in einen weißen Überzug eingeschlagen. Damit man ins Bett kommt muß man erst die Tagesdecke zur Seite schlagen, dann die Decke und den Überzug unter der Matratze rausziehen, damit ziehe ich auch, vielleicht bin ich in dieser Hinsicht etwas ungeschickt, das Leintuch raus und schon schaut alles sehr benutzt aus!
Wie gesagt, das war auch im Grand Hotel in Metz so, und das hat die resolute Schwarze nachmittags wieder in Ordnung gebracht, kaum dass ich aus dem Bett gesprungen war.

Das gabs zum Diner:
1. Crustices, gemischte in Öl angemachte Rettich, Salate, Tomaten und etwas mit Fleisch. Mit frischem Baguette.
2. Canard Entenfilets in Scheiben geschnitten zu Pommes frittes mit einer guten leichten Sauce
3. Fromage, ein ganzer großer Teller voll von unterschiedlichen Käsesorten erst dachte ich das schaffe ich nicht, aber so wars auch nicht gedacht. Man sollte sich etwas von dem was man möchte auf den Teller tun. Ich bin, weil ich den ganzen Teller im Auge hatte, etwas zu kurz gekommen! Bald war der Teller wieder weg! Das nächste Mal weiß ich's.
4. Dessert, ich habe ein Stück Obstkuchen gewählt
5. Café noir, Espresso
Zum Ganzen genehmigte ich mir 1/2l Côtes du Rhone und Wasser.

Gell da schauts und seids neidig! Das ist das Abendessen in einer ganz einfachen Auberge.
Gut gelaunt, gestärkt, aber nicht mehr fähig Euch dies zu schreiben stieg ich die steile Treppe hoch zu meinem Etablissement und schlief den Schlaf der Gerechten, der Satten, der Erschöpften und der ein wenig beduselten.

So ist er,

Euer Siegfried

20
Juli
2008

Metz (18. und 19. Juli)

Geschrieben von Siegfried | Kommentare: 2

Bon soir, guten Abend,

Es ist jetzt schon wieder halb Acht abends, mein Ruhetag geht zu Ende.

Obwohl ich gestern, es war eine lange Strecke von Kédange hierher, nichts Besonderes erlebt habe, es ging wieder entlang der Mosel, aber so ca. 10km entfernt von ihr auf den Anhöhen. Die Landschaft ist leicht hügelig und kleine Wälder wechseln sich mit Feldern ab. Ein Teil des Getreides ist abgeerntet und die Äcker sind schon teilweise umgepflügt und gedüngt.

Kühe auf Weiden gibt's auch. Sie sind hellbraun bis ganz hell einfarbig, etwas seltener gibt es schwarzweiß gefleckte Kühe. Einmal hat sich ein Bauer besonders um die Bequemlichkeit seiner Tiere gesorgt und Autoreifen auf ein Eck der Weide deponiert, die Kühe nutzten das Angebot und fühlten sich sichtlich wohl auf der ungewohnten Bettstatt. Ich nehme an, dass in diesem Bereich der Boden feucht war.

Das Problem für mich ist im Moment die Herbergssuche. Da hier kein ausgewiesener Jakobsweg ist, ich auch keinen Führer habe in den einer eingetragen wäre, laufe ich auf allerlei Wegen und Strassen in die Richtung, in die es mich treibt. Ich habe natürlich zuhause die Strecke schon anhand einer Route im Internet geplant, der entsprechende Führer, auch mit Unterkunftsnachweisen, ist aber vergriffen und kommt erst wieder im Januar heraus, bis dahin werde ich schon wieder zu Hause sein.

Auf der Strecke waren einmal in St. Hubert Chambres d'Hôtes, Gästezimmer, angeboten worden, aber das war für mich in zu kurzem Abstand zum Ausgangspunkt, dazwischen gab's nichts mehr bis Metz. Und ich war lange schon in Metz und ich schaute und schaute und sah nichts was nach Auberge, Hotel oder sonstwie nach Essen und Schlafen aussah. Es ging erst durch alte Vororte mit zweistöckigen hübschen Häusern, neben einander gebaut, dann kamen höhere Häuser, dann Wohnblocks.

Dann ein Wegweiser links: Centre Ville, rechts: Bellecroix, Info.

Ich schwankte und entschied mich für die "Info", und lag natürlich wieder total daneben. Es war die Info für die Siedlung Bellecroix. Und ich hatte gedacht es wäre die Stadtinfo bei der Burgruine Bellecroix!

Dafür war ich jetzt mitten in einer echt französischen Trabantenstadt mit viel Araberanteil. Vor den Balkonen eines Wohnblocks waren ein paar Lieferwägen geparkt, die Leute kampierten offenbar hier und waren gerade damit beschäftigt ein offenes Feuer zum Grillen in Schwung zu bringen. Ich zog vorüber, auch an den Düften, wirklich Düfte, die mir um die Nase wehten und die mir das Wasser im Munde zusammen laufen ließen. Ich hatte seit dem Frühstück nur einen Pfirsich und einen Apfel gegessen und der dreiviertel Liter Wasser war auch schon aufgebraucht.

Im Kopf hatte ich ungefähr die Richtung in die ich gehen sollte, ich hatte vorher einen ausgehängten Stadtplan studiert. Aber zwischen den Wohnblocks hatte ich bald die Orientierung wieder verloren und ich wurde auch langsam nervös, es war ja schon fast sechs Uhr und ich hatte noch keine Ahnung wo ich schlafen würde!

Ich fragte ein paar Mal. Ein Araber begleitete mich sogar ein Stück, bis er sich sicher war, dass ich den richtigen Weg erkenne. Dann über eine Brücke, dann durch eine Unterführung, eine Strasse überqueren und schon ist man in der Innenstadt!

Von der Kathedrale, an der man sich orientieren könnte, natürlich keine Spur. Viele Leute, viele geschäftig hetzend, viele gemütlich bummelnd. Ich muß meine Stöcke unter den Arm nehmen um nicht mit fremden Füßen zu kollidieren.

Und ich schaue alle Häuser und Reklamen an auf der Suche nach "Hotel", "Auberge" oder "Chambres d'Hôtes". Und ich schau möglichst nicht hin, wenn meistens Männer vorbeikommen mit 5-6 Stangen knusprigen Baguettes unter dem Arm, oder wenn Leute fröhlich sich unterhaltend an den Tischen im Freien sich den Freuden des Essens und Trinkens hingeben. Meine Zeit wird sicher auch kommen.

Ich sehe bei meiner Wanderung Kreuz und Quer durch die Innenstadt nur zwei Hotels, das "Novotel" und das "Grand Hotel Metz". Die Info beim Rathaus hatte schon zu, das sah ich von weitem, drum ging ich nicht hin. Am nächsten Tag sah ich dass im Fenster ein Plan hing mit Hotelnachweis.

Aber ich lebte im Heute und hatte Hunger, war müde, das Verschwitzte war schon wieder trocken, die Füße schmerzten nicht, aber ich brachte die Beine kaum mehr auseinander und so entschied ich mich für das "Grand Hotel Metz", ein paar Minuten von der Kathedrale. 61€! Ohne Frühstück, da wird meine Finanzministerin schlucken. Aber ich habe keine andere Wahl, das ist er Nachteil beim Zufußgehen.

Es ist ein Haus mit echt französischem Charme. Warme rötliche Töne an der Wand, quietschende, mit Teppich belegte Böden, die schiefer sind als unsere Böden in Wiederau, eben auch ein altes Haus. Aber diesmal keine Dusche sondern eine Badewanne und ich lege mich hinein, für die Hotelmehrkosten muß das drin sein und meine Beine zappeln vor Vergnügen und im Bauch rumort es so laut, dass ich erst meine es sei ein Geräusch vor der Tür. Er freut sich auf ein lothringisches Abendessen, z.B. Quiche lorraine, die ich hier noch nicht gegessen habe.
Anziehen. Raus.

Der Mann an der Rezeption, wie ich beschwingt von der Erwartung auf das Kommende, vorbeigehe: Mister Ackermann! – er sprach mit mir lieber Englisch als Französisch, in Englisch war unser Kenntnisstand etwa gleich! – Sie haben keinen Kredit auf Ihrer Karte!

Das war ein Schock. Sollte ich mein Konto schon abgeräumt haben. Gut, in letzter Zeit und vor allem in Frankreich war es teuer gewesen, und ich kontrolliere meine Finanzen nur sporadisch. Das ist halt auch so eine Entscheidung beim "Pilgern", Finanzen kontrollieren oder in einer Kathedrale eine Stunde lang ruhig sitzen, eine Viertelstunde den Schwänen auf der Mosel zusehen, auf einer Bank der Esplanade sitzen und Tagebuch schreiben, dabei den Springbrunnen im Wind betrachten und immer wieder was Neues an den schönen Blumenrabatten, vor denen ich sitze finden. Und die Leute, junge, ältere, laute, stille, beobachten wie sie vor mir vorbei flanieren.

Ich mußte meine Übernachtung im Voraus bezahlen. Soviel Geld hatte ich grade noch. Aber mit dem Abendessen war's nun nichts. Ich beschloß, bzw. wurde beschlossen einen Fasttag einzulegen, es war ja schon Abend und das war zu überleben. Dann setzte ich mich in den Park und grübelte.

Ist das Geld wirklich zu Ende dann gibt's ein Problem. Ein zwei Monate schaffe ich dann noch mit meinem Ersparten, dann müßte ich die Pilgerei wegen Geldmangels aufgeben, wenn ich so weiterlebe wie jetzt, also so wie "Gott in Frankreich".

Aber hier in dieser Gegend sehe ich für mich keine große Chance anders zu leben als bis jetzt. Übernachten im Freien: Dazu hatte ich noch nicht den Mut und auch das Wetter ist nicht danach, hab ja kein Zelt.

Man könnte versuchen am Essen zu sparen, aber nicht immer ist in den Orten Gelegenheit einzukaufen und in den Hotels erwarten sie, dass man speist – und das Speisen macht dann auch Spaß.

Ich rechne nun aber fest damit, dass es ab Vezelay wieder günstiger wird, weil von da der große Jakobsweg Richtung Spanien weiter führt und deshalb, so vermute ich, die Herbergen wieder organisiert sind.

Dann kann ich sicher wieder weniger aufwendig übernachten und das einsparen was ich jetzt zu viel ausgebe.

Übrigens in Aboncourt habe ich eine Wegmarkierung mit Jakobsmuschel zu dem Weg gesehen, den ich gegangen bin, aber dann nicht mehr. Ohne entsprechende Karte tut man sich da schwer. Und ich möchte auch nicht immer die Umwege gehen, sondern auch in absehbarer Zeit ans Ziel kommen. Es sind noch drei Wochen bis Vezelay, dann bin ich wirklich auf dem Jakobsweg.

In der Früh bin ich heute heißhungrig ans Büfett und es tat gut, vor allem als Nachspeise das Croissant mit Marmelade gegessen und dann noch das Pain au Chocolat.

Dann war ich lange in der Kathedrale, ein überhohes, schlankes Mittelschiff und überall farbige Fenster zwischen schlanken Säulen. Je nachdem wo man steht, scheinen die Wände, z.B. die Stirnwände in der Vierung, nur aus Glas zu bestehen. Und überall werden Geschichten erzählt. Nur leider, auch ich habe nicht die Augen um alles erkennen zu können, nicht das Kreuz, das klaglos das ständige nach oben sehen hinnimmt. Ich setze mich hin und schaue einfach nur.

Es gibt auch zwei neue Fenster von Marc Chagall vorne links im Chorraum sowie von Villers in der Sakramentskapelle. Es gibt eine kleine Schwalbennestorgel, viel kleiner als die in Trier, und auch die soll zu den Gottesdiensten noch gespielt werden.

Es gibt eine Mariahilf-Figur, eine schwarze Madonna mit Kind, mit weißem Umhang bekleidet, vor der hab auch ich für uns alle eine Kerze angezündet. Hier setzen sich immer wieder Leute andächtig davor, nachdem sie ein Lichtlein angesteckt haben. Auffallend viele jüngere Frauen.

Außen ist die Kathedrale wie aus Gold. Wie auch die Gebäude in der Umgebung. Es ist gelber Sandstein. Schlank, reich und fein gegliedert steht sie zwischen den Häusern, die auf der Nordseite ganz an sie herangewagt sind.

Das weiß ich noch aus der Baugeschichte: In der Gotik stellte man die Kirchen nicht auf einen Platz, sondern umbaute sie so eng, dass die Menschen gezwungen waren, nach oben zu sehen, wenn sie näher kamen.

Ein Detail am Haupteingang habe ich mir näher angesehen und das will ich Euch doch schildern. Es ist die Geschichte vom Letzten Tag.
Christus steht in der Mitte, links und rechts von ihm ein Engel mit Posaune. Links gehen schlanke, in lange Gewänder gekleidete Gestalten durch eine Pforte – ins Himmelreich. Rechts gehen unbekleidete, und nicht so ansehnliche (ich hab das jetzt bewußt so geschrieben) Leute zu einem weit aufgerissenem Maul und ein Teufel steckt sie in dieses hinein.

Also Leute, so deutlich wurde zu der Zeit damals die Bibel ausgelegt.
Heute schauen die Leute das als Kuriosität an, aber wenn ein Fünkchen davon Wahrheit ist?
Jahrhunderte haben die Leute danach ihr Leben gerichtet und haben solche Kunstwerke geschaffen, haben auch die entsprechende Musik geschaffen. Mit welcher Anmaßung stehen wir heute mit den Händen in den Taschen davor, wo doch alles was wir heute haben, auf der Arbeit und dem Glauben dieser Leute der Vergangenheit aufbaut.

Was haben wir heute vergleichbares?
Coca-Cola, Pommes, Döner, Autos, die wir nach 10 Jahren zum Schrott werfen, Fertighäuser von der Stange, Essen aus der Tiefkühltruhe, nicht einmal mehr unterhalten können wir uns selbst, da brauchen wir einen Stöpsel im Ohr, der uns mit "Musik" volldröhnt, Fernsehen, das uns eine Traumwelt vorgaukelt oder schlimmer in eine Horrorwelt versetzt.

Und da sitzt ein kleiner Junge in dieser Kathedrale und spielt ein Computerspiel.
Und da laufen Leute mit erhobener Kamera durch die Kathedrale und knipsen und drehen sich um und gehen zur nächsten Stelle und knipsen und gehen zur ...
Sie können das Original schon nicht mehr wahrnehmen und empfinden, sie wollen nur noch die Kopie haben, wobei ich bezweifle, dass sie die Kopie je ansehen werden.

Ich hab mir ein opulentes Mittag- und Abendessen in den Markthallen, die praktischerweise gleich neben der Kathedrale sind, zusammengestellt, Pâte campagnard, reifen Ziegenkäse, Baguette, Orangensaft und Rotwein.

Danach hab ich mich ein wenig hingelegt und hab so tief geschlafen, dass ich dachte es wäre Morgen und ich müßte loswandern. Und wie ich so am darüber denken bin, geht die Türe auf und ein junger Mann stürmt herein und sagt – natürlich auf französisch – sie seien der Service und sie würden jetzt das Zimmer machen. Es war 4.00h nachmittags. Ich war im Schlafanzug! Er sagte, sie hätten noch im Nebenzimmer zu tun. So verstand ich es jedenfalls. Er machte sich im Bad zu schaffen, ich versuchte meine Unterhose hoch zu kriegen, erinnerte mich alles ein bisschen ans Militär. Kaum hatte ich auch die lange Hose an, kam eine schwarze Madame um das Bett zu machen. Ihr hätte ich auch zugetraut das Bett zu machen auch wenn ich noch drin gelegen wäre!

Ich kam mir vor wie im Film! Und erst wie sie wieder draußen waren kam ich wieder zu mir und mußte laut lachen.

Ich besuchte nochmals die Kathedrale, schaute mir das Opergebäude an, von ungefähr 1750 und wird noch auf der Originalbühne bespielt, ging über ein paar Moselbrücken und setzte mich schließlich an die Esplanade um diesen Bericht zu beginnen, den ich jetzt um elf mit dem Rest meines Rotweines beende.

Gute Nacht

Siegfried

18
Juli
2008

Eff-Hellendorf (15. Juli), Koenigsmacker (16. Juli), Kédange sur Canner (17. Juli)

Geschrieben von Siegfried | Kommentare: 0

Ihr Lieben,

Jetzt muß ich erst mal korrigieren: 1. Der Ort heißt, glaube ich Eff-Hellendorf
2. Ins Saarland bin ich nicht schon vorgestern eingewandert, sondern erst gestern, und zwar verläuft die Grenze im Wald zwischen den zwei Stegmühlen. Vielleicht hab ich mir deshalb bei der Wegfindung ein bißchen schwer getan.

Heute hab ich eigentlich die besten Voraussetzungen für einen gemütlichen und dabei höchst ereignisreichen Tag gehabt. Ich war schon mindestens fünf Kilometer weiter als geplant gegangen, und ich war unmittelbar vor der französischen Grenze.

Ich ging also guter Dinge und in Erwartung eines gemütlichen Tages los.

Ich überschritt die Grenze wenig spektakulär, aber ein bißchen gefeiert habe ich natürlich schon. Ich setzte mich genau auf das Markierungskreuz des französischen Grenzsteins, so dass eine Hälfte meines Allerwertesten in Deutschland, die andere in Frankreich sich aufhielt. Es war ein außergewöhnlicher Augenblick und ein erhebendes Gefühl, sozusagen die deutsch-französische Vereinigung in meiner Person als Sinnbild der Europäischen Gemeinschaft. Deutschland tut in respektvollem Abstand vom Grenzstein in Form eines Schildes kund, dass es da anfängt. Darauf genehmigte ich mir ein paar Schluck Wasser aus meiner Flasche. und dann sah ich in der Ferne ein Pärchen zwischen den Feldern laufen. Einer war, soweit ich das sehen konnte weiß, der andere rot gegleidet, ich meinte auch blau gesehen zu haben, aber das sah ich später nicht mehr. Vielleicht wars der Himmel oder meine Einbildung, aber durch das leuchtende Blau-Weiß-Rot des Pärchens fühlte ich mich wie mit der Tricolore begrüßt!

Was mir auffiel: Die Getreidefelder kümmerten sich nicht um die Grenze. Ich hatte erwartet, wenigstens an einem Feldweg würde ich den Grenzverlauf im Gelände erkennen. Aber da war nichts. Und wie man sichs in Frankreich vorstellt, es waren lauter Weizenfelder, die Basis der köstlich knusprigen Baguettes.

Später habe ich auch wieder Gerstenfelder gesehen. In Deutschland war's getreidemäßig ziemlich gemischt, wobei ich den Eindruck hatte, dass Gerste und Roggen vorherrschen und natürlich Raps. Bald war ich im nächsten Ort: "Merschweiller". Hört sich richtig deutsch an, auch der nächste Ort "Kitzing". Da ich ein wenig aufgeregt war, fand ich, obwohl nur drei Strassen in verschiedenen Himmelsrichtungen aus dem Ort führten, nicht die richtige und lief in einen Bauernhof. Und so kam es zur ersten Kontaktaufnahme. Eine Frau war in einem Gärtchen beschäftigt. Sie war nicht blau-weiß-rot angezogen sondern genauso wie die Leute bei uns, wenn sie im Garten arbeiten. "Excusé Madame, je cherche la route à Kitzing". Sie war sehr nett, wollte mich aber auf das Chateau schicken. Das Chateau, eine Burg in der Nähe ist die Sehenswürdigkeit hier, aber sie steht auf einem Berg und liegt nicht auf meiner Route. Ich hatte beim Fragen "Kitzing" so ausgesprochen, wie mans bei uns tut. Mir kam es einfach komisch vor und übertrieben, es französisch auszusprechen. Aber irgendwie fand ich dann doch eine Form, so etwa wie "Kisseng", die sie, so nehme ich an, als den Nachbarort identifizierte und ich bekam die genaue Wegbeschreibung, die ja nicht so kompliziert war, weil es in die Richtung nur zwei Strassen gab und ich fand mich sogar zurecht.

Durch eine kleinräumige, bucklige Landschaft ging ich weiter, kam über einen kleinen Bach, der "Apach" hieß und der mich gleich Spekulationen über die Abstammung Winnetous, des Apachenhäuptlings, anstellen liess.

Wagemutig verlies ich mich nun auf meine detaillierte französische Karte und schlug mich, nachdem ich die geschätzte Zeit für die Strecke auf der Karte abgelaufen hatte, rechts in den Wald wo ein völlig zugewachsener Waldweg begann. Der Waldweg wurde ansehnlich und ich war stolz! Was bin ich doch einer! Aber nach 20 Minuten war ich keiner mehr. Der Weg gabelte sich, einer wurde von einem Stacheldraht so versperrt, dass er auch nicht zu unterkriechen war, der andere endete in dichtem Jungholz, ich probierte es eine Weile, gab es dann aber auf, als ich bemerkte, dass ich mich schon bald mit dem Rucksack nicht mehr umdrehen konnte.

Also wieder zurück zur Strasse und weiter. Vielleicht 500m weiter war ein kleiner Parkplatz und da führte ein deutlich sichtbarer und am Anfang sehr steiler Weg weg. Und der war markiert! Nicht wie bei uns mit Buchstaben sondern mit Farbpunkten, die ich schon auf einer Hinweistafel gesehen hatte. Und weil hier offenbar drei Wege parallel laufen, gab es auch drei Farben und die waren: ROT,WEISS,BLAU! Ich war auf dem richtigen Weg.

Durch den Wald und über eine Anhöhe kam ich durch das Dorf "Kirsch les Sierck" und nach Durchquerung eines kleinen Naturschutzgebietes nach Montenach. Da ich schon ein wenig müde war, die letzten zwei Tage war ich ja wieder stramm gelaufen, beschloß ich, weil es schon gegen drei war, dort zu übernachten. Ein hübscher Ort, aber wie bei uns, niemand auf der Strasse. Es gab ein kleines Bar-Restaurant, das aber Betriebsurlaub hatte! Das daneben liegende Hotel hatte ebenfalls die Rolläden unten. Nichts wars! Es ging wieder einen steilen Berg hoch, Richtung Kirche wo die richtige Strasse weiter führte. Und was sah ich da! AUBERGE und grosse Reklame, dass es da "foie gras", das bekannte französische Gänsefett gab. Ein Wink des Himmels. Auberge ist meines Wissens das französische Gasthaus, also kann man da auch schlafen.

Ich rein. Ein in gedämpftem Licht gehaltener Raum in nostalgischem Landhausstil. Tische mit dunklen Tischdecken gedeckt, an einigen speisen (man beachte das Wort "speisen"!) Leute, sich leise unterhaltend und dezent auf den "Wilden" schauend, der da verschwitzt und ein bisschen unsicher vor der Theke steht.

Eine Dame, mit zwei mit leckeren Dingen gefüllten Tellern, eilt um die Ecke und sieht mich fragend an. Ich, wegen des Speichelflusses noch weniger sprachbegabt als sonst, frage nach einem Logis für die Nacht. Sie haben keins, sie sind nur ein Restaurant! Ich frage, aber wo kann ich eins finden. Sie sagt, vielleicht in Kerling, sicher in Koenigsmacker. Also weiter. Kerling liegt etwas abseits am Weg, Koenigsmacker ist ein Umweg, da muß ich ins Mosel- (Moselle-) Tal. Schaun wir mal.

In Kerling gibt's ein Restaurant, steht aber nichts von Hotel oder Betten dran und übrigens ist es auch zu. Jetzt die Entscheidung: vom richtigen Weg weggehen und mit großer Wahrscheinlichkeit ein Bett für die Nacht bekommen, oder in den nächsten Ort ziehen und die weiteren Orte, die alle nicht groß waren und daher sicher nichts zum Schlafen bieten würden. Es wurde dämmrig und fing zu regnen an. Ich schlug die Richtung nach Koenigsmaker ein.

Schon im Moseltal fragte ich im ersten Ort eine junge Radfahrerin, die gerade Pause machte, nach einem Hotel. Sie wusste auch keines, aber sie gab mir den Tipp im Restaurant um die Ecke zu fragen. Das war zu wegen Umbauarbeiten.

Ein Stück weiter war eine Autowerkstatt, irgendwie erinnerte sie mich an den Praxl in Ottobrunn. Zwei Männer standen wartend heraußen und betrachteten amüsiert die nicht autogerechte Gestalt mit Rucksack, die sich ihnen näherte. Auch hier fragte ich nach dem nächsten Hotel. Nach aufgeregten Diskussionen und Rückfrage bei der Dame in der Werkstatt, sozusagen bei der Tochter von Herrn Praxl, einigten sie sich auf "Koenigsmacker". Es waren nur noch drei Kilometer an der Landstrasse entlang, eine dreiviertel Stunde, locker, wenn man weiß, dass man dort unterkommt.

Ich kam dort unter und aß das Menue des Tages: Grünen Salat mit Cervelat-Streifen, Rinderzunge (seitdem weiß ich wieder, dass "langue" Zunge heißt) mit Bratkartoffeln und Erbsen und ein Eis. Dazu hab ich mir eine Flasche Weißwein von der Mosel genehmigt und ein bißchen Wasser von Evian. Immerhin habe ich gestern dabei auch mit viel Stimmung die E-Mail an Euch geschrieben!

Nach einem sehr reichhaltigem Frühstück (genauso wie in Deutschland) habe ich mich reisefertig gemacht und an der Theke meine Abrechnung verlangt. Was hier angenehm ist, das Essen wird mit der Übernachtung und dem Frühstück in einem abgerechnet. Diesmal war es – ich vermute es mal – die Seniorchefin persönlich, die perfekt den Computer und das Kartenterminal bediente.

Nun fragte ich sie (und das will ich in Zukunft immer tun) nach dem nächsten Hotel auf meiner Route in bis zu 20 Kilometer Entfernung. Das wäre in Kedange sur Conner. Weiter konnte sie mir nicht helfen. So würde es ein leichterer Tag sein, denn bis dahin sind es nur um die 13km, allerdings immer an der Landstrasse entlang und immer ein bisschen aufwärts.

Schon um kapp vor Eins war ich dort. Vorher kommt man noch an Wegweisern zur "Ouvrage de Hackenberg" vorbei, im Verlauf der Maginot-Linie, da ich nicht genau weiß, was das ist (ouvrage fr. 'Bauwerk') ist das ein Bauwerk, das mit der Maginot-Linie zusammenhängt, eines heiß umkämpften Abschnittes im Zweiten Weltkrieg. Wie ich grade mit Hilfe von Google rausgekriegt habe, wurde dieses Verteidigungssystem unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg angelegt. Also Leute, ich brauch's nicht weiter zu beschreiben. Seht bei Google nach!

Ich jedenfalls checkte schon um 13 Uhr im "Hotel le Canner" ein. Da das Zimmer noch nicht fertig war, ging ich noch verschwitzt und ungeduscht, aber ohne "sac" spazieren und begann in der Sonne auf einem Steinbankerl sitzend diese Geschichte.

Ich ging noch an der Kirche vorbei, dem Friedhof, der ganz nah an die Kirche geschmiegt ist mit seinen alten Sandsteingrabmälern, schaute auch in die Kirche hinein, die ziemlich düster ist, und sehr einfach aber liebevoll gepflegt.

Glaube ist überall präsent. Es gibt viele alte Wegkreuze oder "Marterl" wie man in Bayern sagt. Und sie sind meistens gepflegt oder mit einem Eisengitter gut geschützt. Und die Kirchen melden sich alle Viertelstunden mit einem sich zur vollen Stunde hin steigernden kleinen Glockenspiel zu Wort.

Wenn ich mich nicht irre, hörte ich aber auch schon in Saarburg oder einem anderen Ort in Deutschland alle Stunden zum Anfang der neuen Stunde das Lied: "Erde singe, dass es klinge..." Leute, Ihr werdet es nicht glauben, aber manchmal kommen mir Tränen in die Augen wenn mir bewusst wird, was ich alles erleben darf!

Dann aber duschen, ein bisschen Hinlegen, sozusagen ein kleiner Ruhetag, mit Freude Euch diese E-Mail schreiben und Abendessen gehen: Le Diner!

Jetzt weiß ich's endlich:
petit déjeuner Frühstück
déjeuner Mittagessen (12 bis 14 Uhr)
diner Abendessen (19 bis 21 Uhr)

Und wenn ich morgen zu Abend gegessen hätte, es hätte als Spezialität im Sonderangebot gegeben: Cuisses de Grenouilles (Froschschenkel)!

Ich umarme Euch und küsse Euch mit rotweinfeuchten Lippen
Siegfried



PS: Jetzt wollt Ihr sicher noch wissen was ich zu Abend gegessen habe!

vin rouge Rotwein 1/2l

de l'eau Wasser 1/2 l

Menu campagnard:

Das war ein Silbertablett, ca 50x25cm groß, gefüllt mit

Roher Wurst, ähnlich Salami
einer dicken (1cm) Scheibe Schweinewurst mit Aspik
Einer dicken Scheibe französ. Landwurst, (campagnard),
mehrere Scheiben Schinken,
Kartoffelsalat in Majonaise,
Kartoffelsalat mit gelben Rüben und Majonaise,
Gelbe Rüben Salat,
Grüner Salat,
Gurken in Scheiben,
Und ein paar Cornichons,
Dazu Quark mit grünen Kräutern angemacht,
Bratkartoffeln,
Und natürlich Landbrot, hell, aber kein Baguette.

Als Nachspeise genehmigte ich mir noch un petit café noir (Espresso).

16
Juli
2008

Eff-Hellendorf (15. Juli)

Geschrieben von Siegfried | Kommentare: 0

Hallo Ihr Zwei,

Gester war der Abend nach dem Heimgehen natürlich noch nicht zu Ende. Meine Hauswirtin bot mir noch einen Vietz an und dazu konnte ich doch nicht nein sagen. Und so saßen wir noch bis zwölf ratschend beisammen.

Wisst Ihr überhaupt was "Vietz" ist? Das ist das was wir Apfelmost und die Frankfurter Äplwoi nennen. Hier machen sie ein Theater daraus, sagen die Römer hätten aus den kleinen Äpfeln, die sie hier vorfanden, diesen Wein gemacht und getrunken, vor lauter Kummer, dass es hier keine Weintrauben gab.

Und jetzt gibt es hier sogar eine "Vietz-Straße / Route de Cidre", wie anderswo z.B. in Bayern die "Romantische Strasse". Ihr seht und erfahrt mit Erstaunen, der Siegfried lernt sogar noch um 12 Uhr nachts, wenn er das richtige zu trinken bekommt.

Übrigens, ihr werdet es allerdings noch nicht bemerkt haben, mein Bett steht in der Graf-Siegfried-Straße! Habe von diesem Siegfried bis jetzt noch nichts gewußt, aber der hat Luxemburg gegründet und eben auch Saarburg. Und er – oder einer seiner Nachfahren – hat auch das Wasser des Lenkbaches so umleiten lassen, dass es jetzt durch Saarburg fließt und so Saarburgs Innenstadt zu einer Besoderheit macht.

Der heutige Tag fing heute schon gut an.

Nach einer relativ kurzen Nacht gab es nur ein relativ spartanisches Frühstück unter Zeitduck. Aber da sich weder Künstlerin "Cordula" noch ich mich besoders vom Zeitdruck unter Druck setzen ließen, wir unterhielten uns nochmals prächtig, sie malte einen "Stempel" in meinen Pilgerpass, der dadurch an Attraktivität gewonnen hat, ich schrieb was ins Gästebuch. Da schlug es Acht.

Panikartig brach Cordula auf, ich hinterher. Dabei vergass ich, Wasser in meine Flasche zu füllen und zum Zähneputzen reichte natürlich die Zeit auch nicht mehr. Das mit den Zähnen störte mich nur kurz, das mit dem Wasser war ein wenig kritisch. Einmal trank ich aus einem Brunnen im Wald – kein Trinkwasser – eine Quelle im Wald? – hat auch nicht geschadet –, aufgefüllt hab ich die Flasche dann erst am Friedhofsbrunnen in Oberleuken.

Oberleuken, das liegt am Leukbach weiter oben, aber das Hinkommen war umständlich wie immer bei Jakobspilgern. Einmal habe ich den Bach sogar in einer Furt und über Steine überquert und das alles mit einem Rucksack auf dem Buckel.

Da ich wegen des frühen Weggehens relativ früh dran war, meinen Wasservorrat in Oberleuken, das eigentlich mein Tagesziel war, aufgefüllt hatte, war ich übermütig geworden. Ich beschloß, in den nächsten Ort "Borg" zu gehen. Da gibt es Ausgrabungen aus der Römerzeit und eine rekonstruierte Villa. Ich umrundete sie, d.h. die ganze Anlage, ging aber nicht hinein, irgendwie war ich doch scho zu kaputt und geöffnet war auch nur bis sechs und jetzt war fünf!

Also ging ich gleich weiter ins Dorf Borg, in der Meinung ein reichhaltiges Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten zu finden und ein ähnlich anregendes Nachtleben wie in Saarburg, dank der Römer.

Aber der inzwischen schon recht schlaffe Wanderer mußte nach erfragen der einzigen Gastwirtschaft feststellen, dass ihm schon wieder Monteure &nddash; diese hier arbeiten alle in Luxemburg – zuvor gekommen waren. Alles war voll. Am Wochenende wäre alles frei, aber so lange will und kann ich nicht warten.

Die sehr nette Wirtin telefoniert umher und kann schließlich ein Zimmer in Hellendorf für mich reservieren. Hellendorf liegt auf meiner Strecke, das spare ich mir also morgen, aber heute heißt's noch eine halbe Stunde gehen.

Geschafft! Finito! Ein gutes Abendessen, ein Glaserl Wein und ein Glas Vietz! Und die Schweinefilets in Vietz-Sahnesauce haben den Durst und die Anstrengungen des Tages wie einen traumhaften Hauch in wohligem Gefühl des Glücklichseins verfliegen lassen.

So ging ich ins Bett und verschlief am nächsten Morgen fast das Frühstück um 1/2 8h.

Euer Siegfried, der immer, wenn er nicht anders beschäftigt ist, an Euch denkt!

16
Juli
2008

{SMS 16.07.08 10:24h}

Geschrieben von Siegfried | Kommentare: 0

Auf Wiedersehen – Bon jour!
Sitz auf dem Grenzstein der RF
Tout va bien
Salut
Siegfried

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