13
Juni
2008

Creuzburg (10. Juni)

Geschrieben von Siegfried | Kommentare: 1

Nach einer heute weitgehend im schattigen Hörschel- und dann Werratal genossenen Wanderung bin ich so gegen halb vier Uhr in Creuzburg eingetroffen.

Die Pfarrerin begrüßte mich freudig (wir kannten uns ja schon vom Telefongespräch vom Vormittag, als ich mich angemeldet hatte), wies mir gleich meinen Schlafplatz im Gemeindesaal zu und labte mich mit einem Glas kühlen Wassers.

Allerdings kann ich mich heute erst zur Ruhe begeben, wenn die Chorprobe zu Ende ist. Aber früher geh ich sowieso nicht ins Bett.

Die Creuzburg ist schon ganz was Altes und war auch schon zu Elisabeths Zeiten alt, mehr als hundert Jahre. Hier hielt sie sich gerne mit ihrem Gemahl auf, hier verabschiedete sich ihr Gemahl zum Kreuzzug, von dem er nicht wieder zurückkam, und hier gebahr Elisabeth ihre erste Tochter.

Der Name Creuzburg wird darauf zurückgeführt, dass Bonifatius, der Heilige, hier im Burghof ein Kreuz errichtet haben soll. Zum Andenken daran, steht auch heute noch ein Holzkreuz im Hof.

Reinkommen in den Ort tut man über eine Sandsteinbogenbrücke. Sie soll die erste Steinbrücke nördlich des Mains sein. Am stadtabgewandten Teil der Brücke steht eine Kapelle, auffallend schlank und hoch. Sie ist dem heiligen Librandus geweiht, einem Bischof von Metz (da komm ich auf meiner Wanderung auch noch hin), der bei Steinleiden helfen soll. Natürlich haben die Nazis bei ihrem aussichtslosen Rückzug die Brücke gesprengt und sinnvollerweise auch gleich die Kapelle mit zerstört, so dass wir heute nur eine Rekonstruktion sehen und betreten können. (Leider zur Zeit eingerüstet)

Die Stadtkirche scheint auch romanisch gewesen zu sein, aber alles über eineinhalb Meter Höhe gibt's innen offenbar nicht mehr. Außen sieht sie irgendwie noch komplett aus, die Kirche.

Anmerkung: Jetzt sitz ich schon auf dem dritten Bankerl hier im Schlosshof, und kaum sitz ich, schleichen sich Ameisen von allen Siten an und postwendend juckts mich vorne, hinten oben und unten, sogar an der Nase!

Im Chorraum gibt es an der Außenwand eine nur ca. ein Meter hohe Säulenreihe mit teils erhaltenen romanischen Bögen. An beiden Enden des Chorraumes sieht man reich gegliederte Säulenfundamente. Alles Alte außer dem: Nicht mehr da. Der Kirchenraum ist modern und sehr einfach – bei Verwendung von dunkelgrauem Material – wieder hergestellt worden.

Bei der Wanderung hielten zwei entgegenkommende Herren (genauer: Männer) auf Fahrrädern, tourenmäßig perfekt ausgerüstet, an und redeten mich an.

Erst interessierte sie sicher die Figur – mich – am Wege, dann stellte sich heraus, dass der eine aus München, der andere aus Landshut stammt. Sie machen eine Tour an der Werra entlang und erkundigten sich ausgiebig über meinen Weg. Später kurz vor Creuzburg kamen sie von hinten und wunderten sich, dass ich schon so weit sei.

Hier gibt's jetzt auch viele Sportradler. Die schauen stur vor sich hin, quälen sich offensichtlich, grüßen nicht und werden auch nicht viel von der Umgebung wahrnehmen Ich frag mich nur, für was die das machen. Alt werden die auch und dann haben's vom Leben nichts gehabt! Habe übrigens auf der Wanderung so viel von den Caffè-Orgien bei Lars und Chantal erzählt, dass sich sicher einmal ein paar nette Damen aus Hamburg oder Berlin zu Espresso und Weißwürsten melden werden! (Bäh, aber nicht gleichzeitig! Ansonsten immer gern. Die beiden Cappuccini eben waren wieder mal... hach... Anm. d. Red.)

Auch einen Wanderer wie mich hab ich heute getroffen, und der machte im gleichen "Großraum" wie ich Pause. Das war bei einer historischen Kupferschmelze (ja, das haben die damals auch da gemacht!), irgendwo südlich vom großen Opelwerk Eisenach, das man von weitem sehen konnte.

Er kam an, muskulös, braun gebrannt, Kleidung, Kopfbedeckung und (ich glaube) auch Rucksack SCHWARZ! Sozusagen ein Ausbund von Design und Kraft. Da saß er nun, und rauchte. Und als ich ging machte ich eine – allerdings nur kleine – Ehrenrunde, grüßte und fragte wo's denn hingehe – hätte ja sein können, dass wir das gleiche Ziel haben. Er blickte in die Luft und zog an seiner Zigarette. Wenn er ein Pilger sein sollte, scheint sein Weg noch weit, sollte er ein Sportler gewesen sein, steht er nicht gerade für sportliche Tugenden wie Gesundheit und Fairness.

Dann sah ich auch mal wieder ein radelndes Ehepaar kurz vor Creuzburg. Der Weg bog links von der geteerten kleinen Strasse in einen Feldweg ab. Die Frau fuhr in den Feldweg, er war markiert und auch in meiner Karte eingetragen. Der Mann hielt an. Vor sich, vor dem Lenker eine DIN-A4 große Karte montiert, davor ein GPS-Gerät. Ein zweiter Sportfahrer hielt an, und ich hörte sie rege über den weiteren Streckenverlauf diskutierten.

Die Frau war nach hundert Metern stehengeblieben und wartete. Ich kam vorbei, wir unterhielten uns nett über Reiseziele, dann ging ich weiter. Erst nachdem ich weitere mehr als hundert Meter gegangen war, kamen die Experten – der Mann immer noch fasziniert auf die Karte oder das GPS vor sich starrend.

Münchner, wisst Ihr eigentlich, dass die von Euch so geliebten BMW-Werke aus den Eisenacher Motorenwerken EMW hervor gegangen sind? Habt Ihr ein Glück! (Wären die Nazi nicht gewesen, der Krieg nicht verloren gegangen und hätten die Russen die Werke nicht demontiert...) Nur so ein Gedanke.

Jetzt verlasse ich das Ameisenbankerl. Wir hatten uns arrangiert. Sie schauen mich von weitem an. Ich stell mir vor, das Jucken käme von der Sonne. Ich konnte mich noch nicht duschen und werde heute zwangsläufig nur eine Katzenwäsche machen: A echter Pilger halt wieder einmal.

Nun legt er seinen Pilgerstab beiseite, mit dem er EUCH dies alles vermeldet hat.

Salute
Siegfried der Hinkende

PS: Für die historische, bautechnische, geographische Richtigkeit der oben gemachten Angaben kann keine Haftung übernommen werden! Ich bin auf der Wanderung und genieße das Wunderbare der Natur, der Bauten, der Menschen, der Kunstwerke und des Essens – und das möchte ich alles so schildern wie's mir erscheint.

11
Juni
2008

{70}

Geschrieben von Siegfried | Kommentare: 1

Lieber Papi,

alles Gute zum Geburtstag!

Deinen größten Wunsch – die Pilgerreise – hast du dir ja erfüllt. Bleib weiter so "stur" und zielstrebig und weiterhin viel Spaß und schöne und interessante Erlebnisse auf deiner Wanderung!

Ganz viele Grüße!
Chantal

10
Juni
2008

Eisenach (4) (9. Juni)

Geschrieben von Siegfried | Kommentare: 0

Also,

jetzt hatte ich mich tatsächlich ein paar Stunden ins Bett gelegt und schon regt sich der Esel in mir und möchte mir weiß machen, das Essen, Rumgammeln und Nicht-Wandern wäre schöner als... Also morgen geht's weiter, ca. zehn Wandertage Richtung Marburg.

Jetzt aber sitze ich erst einmal wieder in meinem geliebten Biergarten vor dem "Gasthof Am Storchenturm" und... jetzt kommt die Soljanka. Dazu gibt's heute Abend Rotwein und Wasser.

Die Soljanka war gut. Jetzt geht's weiter:

Also dieses Haus, vor dem ich hier sitze, ist Teil der "Kemenate" von Eisenach, und ist auch Teil des späteren Hellgrevenhofes. Leute, die sich geschichtliche Zusammenhänge merken können (zu denen gehöre ich leider nicht), die wissen jetzt sofort: Aha! Sängerkrieg auf der Wartburg! Da soll er nämlich auch eine Rolle spielen und in Geschichten unserer großen Geschichtenerzähler. Aber vorher war die Kemenate da, und dann ist erst Eisenach entstanden, so um 1150.

Das also war die Geschichte. Und in dieser Tradition, so habe ich den Eindruck, wird auch jetzt das Haus geführt: Nette, zuvorkommende Bedienungen, einfaches, aber schmackhaftes Essen zu vernünftigen Preisen und eine Wandererherberge mit Zimmern bis zu 6 Betten. Nur leider muss man halt schauen, dass man reinkommt – also am besten: sich anmeldet. Das ist, wenn man nicht in Hotels nächtigen will ("Pilgersleute" wie ich sollten dies ja normalerweise weniger tun), immer ratsam, und so werd's ich ab morgen auch wieder halten.

Nur eine Erfahrung muss man machen, und das erfuhr auch meine "Hessin": Wenn ein Anfufbeantworter dran ist wird's happig! Die Zeit verrinnt, man kommt dem Ziel immer näher und weiß dann nicht wo man unterkommt.

Sicherlich erinnert Ihr Euch noch an mein gestriges Erlebnis mit der Stempelbitte beim Pfarrer der katholischen Stadtkirche. Heute habe ich dafür von einem sehr freundlichen Mann in der St. Georgen-Kirche (ja die, in der Elisabeth mit Landgraf Ludwig IV getraut und Bach getauft wurde) einen wunderschönen Stempel bekommen, den er dazu noch extra aus dem Büro geholt hatte. Hätte ich den katholischen Stempel bekommen, wäre mir dieser sicher entgangen.

Erfahrung mit Stempeln: Bei kath. Pfarrern zweimal bei zweimal fragen: nichts! Haben die ein gespaltenes Verhältnis zum ökumenischen Jakobsweg (bzw. hier: Elisabethweg) oder zum Pilgern? Oder sind sie einfach zu bequem? Oder brauchen sie wirklich eine "Berechtigung", wie der Pfarrer von Meuselwitz sagte? Wie verhalten sie sich, wenn einer nicht nur einen Stempel will, sondern vielleicht einen Schluck Wasser oder ein gutes Wort?

Da der Pfarrer grade gestern wichtig(-tuerisch) über das Verhalten andersartiger Menschen (zu denen ich mich in der Zwischenzeit rechne, wenn ich inmitten einer sonntäglich gewandeten, angeregt schwätzenden, mich ausgrenzenden Gläubigenschar stehe) gegenüber gepredigt hatte, mich dann aber hat stehen lassen, macht mich doch nachdenklich und zeigt mir wie schwach wir Menschen doch sind.

Habe doch auch ich Handlungen und Verhalten in meiner Vergangenheit zu bedauern, durch die ich Menschen verletzt und Vertrauen nicht gerechtfertigt habe. So bekommt vielleicht dieser "Pilgerweg", den ich immer noch in Anführungszeichen setze, langsam einen Sinn: Dank für das wunderschöne glückliche Leben mit Yvona und meinen Kindern und Dank für die vielen guten Freunde, die uns im Leben begleitet haben und immer noch begleiten. Und die Bitte, dass denen, die ich enttäuscht und denen ich Unrecht getan habe, kein Schaden dadurch entstanden sein möge, sondern auch ein Teil meines Glückes gewährt sein möge.

Ihr seht, so ein zusätzlicher Ruhetag macht nachdenklich. Und wie bei vielen anderen Erlebnissen der letzten vierzehn Tage, fühle ich immer mehr auch, dass diese Wanderung eine Richtung bekommt, die ich nicht beeinflussen kann und will, sei es vom äußeren Ablauf her, sei es auch in den Gedanken.

Mir war es wichtig, dies zu dokumentieren und Euch teilnehmen zu lassen – auch in dem Wissen, dass sich manche darüber aufregen werden. (Missbrauch, Datenschutz usw. Was sind wir doch armselig und misstrauisch geworden!)

Euer
Siegfried

10
Juni
2008

Eisenach (3) (9. Juni)

Geschrieben von Siegfried | Kommentare: 0

Ach, Ihr Nichtsahnenden!

Ich sitze nun hier schon zum dritten Mal im Biergarten der Wandererherberge "Am Storchenturm" in Eisenach vor einem Weißbier, aber diesmal schon mittags!

War nämlich gerade bei Arzt, und der hat mir eine Spritze gegeben und nochmal einen Tag Ruhe verschrieben. Und da hier in meiner Stammgaststätte gerade ein Zimmer frei geworden ist (Ihr kennt sie ja vielleicht schon aus meinen Tagebuchschilderungen der vergangenen Tage: Es ist die mit den netten jungen Bedienungen), brauch ich nicht mehr ins Puppenstubenhotel zu ziehen und spare mir so, wie vom Arzt verordnet, möglichst viele Schritte, sitz aber trotzdem, wie schon gesagt, in einem schattigen Biergarten und bekomme gleich ein "Bierfleisch"! Und lege wohlig die Füße hoch.

Und da ich heute viel Zeit habe, werdet Ihr ein Resumée der vergangenen vierzehn Tage erhalten oder – wenn das Bier schon eher wirkt – vielleicht bloß der letzten vier Stunden.

So, jetzt hab ich mir gerade die Schuhe ausgezogen. Man gewöhnt sich langsam ans Außenseiterleben.

Wie ich Euch schon geschrieben habe, habe ich seit den letzte drei Tagen Schmerzen an der Vorderseite der Schienbeine. Beim rechten Bein waren sie vorgestern über Nacht wieder weg, aber das linke macht weiterhin Faxen.

Meine liebe "Ernste Hessin" wollte mir schon am Freitag Mobilatcreme geben, aber ich lehnte ab, da ich glaubte, das sei nur eine Crème zur Schmerzlinderung, und das wollte ich nicht: Da ich erstens ein starker Mann bin (ein Indianer spürt ...), zweitens ein Pilger, der damit EURE Sünden abbüßt, und drittens mir die Meldungen meines Körpers – wo er meint mir was mitteilen zu sollen – nicht stören lassen will.

Aber bevor sie weiterzog, gab sie mir ihre Tube, und ich halte sie in Ehren und denke jedesmal wenn ich sie öffne und einen Strang entnehme an "SIE".

Der Arzt, der mir im Puppenstubenhotel empfohlen worden war, sollte ab zehn Uhr da sein. Aber seit 1. Juni. Beginnt er erst um elf Uhr. Und da die Praxis direkt am "MARKT" ist, hatte ich so Gelegenheit in die dortige Kirche zu gehen. Und siehe da, da stand mal wieder wer hinter mir, der sagte, wenn der nicht will, dann zwingen wir ihn halt!

In dieser Kirche, der Stadtkirche "St. Georgen" wurde 1221 Landgraf Ludwig IV mit Elisabeth – der späteren hl. Elisabeth – vermählt. Sie war da erst 14 Jahre alt. In dieser Kirche wurde J. S. Bach getauft, hier sang Martnn Luther als Kurrende-Sänger, hier wirkten Pachelbel und Telemann. Und all das hätte ich vielleicht nach dem Durchlesen der diversen Führer erfahren, aber so hatte ich viel Zeit in der Kirche mit ihrer schönen Orgel, ihren vier Emporen über den Seitenschiffen, immer war wieder eine dazu gebaut worden, weil wegen der vielen Leute der Platz zu klein wurde.

So, jetzt mache ich Schluss: Erstens muss ich ein Weißbier nachbestellen, und zweitens wird sonst die E-Mail zu lang, und dann funktioniert wieder was nicht, und drittens könnt's dann im Internet-Tagebuch weiterlesen, falls Ihr wollts. *(Das war eine E-Mail an ein ganze Reihe von Leuten. Ich hab aber auch nicht mehr bekommen als der Rest. ;-) Anm. d. Red.)

Euer
Siegfried

8
Juni
2008

Eisenach (2) (8. Juni)

Geschrieben von Siegfried | Kommentare: 0

Hallo,

Ich sitze hier in Eisenach vor dem Theater auf einem Bankerl in der Sonne. Habe gerade an der Kasse gefragt, ob sie noch für die Abendvorstelluung eine Karte hätten, und ob ich in meinem Zustand ins Theater rein käme. Schaue ja doch schon ein bisschen anders aus, als ein üblicher Thaterbesucher: Schlappen, leichte, aber dunkle Wanderhose, grünes Trikot, dazu hinkend und steif gehend und unrasiert, wobei dies schon wieder langsam Stil bekommt.

Ich hatte gedacht, es würde heute Abend Margarete gegeben, von Gounot, aber das war gestern, heute gäbs "die Fledermaus" um 15.00h und dazu habe ich keine Lust, also stellt sich die Kleiderfrage nicht!

Anschließend ging ich als guter Christ und – manchmal – frommer Pilgersmann in die Kirche und musste mir zehn Minuten Verkündigungen anhören. Die Predigt handelte vom sozialen Verhalten Andersartigen (Gleichnis vom Zöllner) gegenüber.

Als der Pfarrer nach der Kirche rauskam, bat ich ihn, mir einen Stempel zu geben. Er tat zunächst etwas befremdet wegen des Ansinnens, fragte dann aber, ob Stempel oder Siegel und bemerkte, dafür müsse er ins Pfarrhaus gehen. Dass er Stempel und Stempelkissen in der Hosentasche bei sich hätte, hatte ich auch nicht angenommen.

Dann stellte er sich zu seinen Schäfchen und unterhielt sich.

Ich stand in der Armensünderecke mit meinem Pilgerausweis in der Hand auf meinen schmerzenden Füßen und wartete. Ein Mann machte seine Frau auf mich aufmerksam, weil er den Pilgerausweis bemerkt hatte, und sie schaute mich verschämt an.

So stand ich gute zehn Minuten, dann packte ich meinen Ausweis wieder ein und ging zu einem schattigen Bankerl vor einem kleinen Brunnen auf einem ganz kleinen Platz, und eine große schwarze Katze umschmeichelte mich tröstend, kauerte sich wohlig neben mich auf die Bank und zog dann, nachdem sie sich noch Abschied nehmend kurz an meinen Rücken gedrückt hatte, von dannen.

Meine "ernste Hessin", die in Berlin wohnt, ist den Weg von Görlitz bis hierher gegangen und ist, nach dem gemeinsamen Frühstück schon wieder fort. Sie geht jetzt weiter Richtung Süd-West, in ihren Geburtsort, ich gehe weiter Richtung Marburg.

Nun sitz ich auf einer anderen Bank im alten Friedhof. Irgendein auch lädierter Mensch hat zwei Bänke gegeneinander so aufgestellt, dass die Beine bequem hoch gelegt werden können. Und da sitz ich nun, genieße den Sonntag, die Ruhe, nur ab und zu kommen ein paar Leute vorbei.

Am Marktplatz vor dem Rathaus ist ein Bikertreffen, und vor der Information informierte ein Mann mit rotem Regenschirm seine Gruppe lautstark über den Standort des Örtchens, und dass es auch ein "Pachtklo" gäbe, dort könne man länger.

Ich werde weder Bach-Haus noch Wartburg besichtigen. Meine "Hessin" hatte mir geraten, einen Esel zu nehmen. Das aber soll alles noch warten, ich erlebe sowieso so viel, dass ich jetzt schon nicht mehr weiß was vor drei Tagen war!

Noch was: Meine "Hessin" war beeindruckt von meiner Schilderung des Benehmens der Fliegen in Mechterstädt. Die fühlten sich dort besonders wohl und erinnerten mich an die Fliegen in Winterbach. Sie putzten mit den Vorderbeinen ihre Rüssel, nicht langsam wie die Stadtfliegen, sondern schnell, fast agressiv, dann rannten sie umher, ihre Flügel aufreizend halbhoch stellend, flogen kurz hoch, um gleich wieder zu landen.

So und jetzt gehe ich zum "Schwanenturm" und trink Kaffee und hoffe, ich bekomme einen guten Kuchen dazu. Das Mittagessen habe ich, wie jeden Tag, ausfallen lassen, um nicht aus dem Rhythmus zu kommen.

Euer
Siegfried